Diese Auktionen sind doch häufiger, als man vielleicht gedacht hat. Warum die Rückwärtsauktion bei den einen abgeschafft und von den anderen genutzt wird. Und was sagt die KI zu studentischen Fragen?

Das sogenannte „Auktionatormodell“ wurde angesprochen bei der Behandlung von Preisbildungsprozessen. Und bei Auktionen, wir haben darüber gesprochen, denken die meisten Menschen verständlicherweise wenn, dann an das Modell der Kunstauktionen, wo also mehr oder weniger schöne Kunstwerke oftmals für unglaublich viel Geld die Besitzer wechseln.

Sie haben die Grundformen der Auktionen kennen gelernt – es gibt eben nicht nur die „klassische“ englische Auktion. Diesem Modell folgt die bekannte Versteigerung von Kunstwerken, Sie wissen, dass ist da, wo am Ende der der Hammer fällt.

Besonders irritiert mag der eine oder andere gewesen sein bei der Rückwärtsauktion. Wieso soll man niedrigere Preise aufrufen? Das erschließt sich nicht sofort. Also schauen wir da nochmal genauer hin.

Rückwärtsauktionen gibt es häufiger als man vielleicht denkt

Rückwärtsauktionen bzw. Reverse Auctions werden besonders in Beschaffungs- und Einkaufsprozessen von Unternehmen eingesetzt, da sie eine effiziente Möglichkeit bieten, Kosten zu senken und Lieferanten zu einem wettbewerbsfähigen Preis auszuwählen.

Hier sind einige praktische Branchen- und Unternehmensbeispiele:

1. Automobilindustrie

Beispiel: BMW, Ford und Volkswagen nutzen Rückwärtsauktionen für die Beschaffung von Komponenten und Rohstoffen, um die Kosten für die Herstellung von Fahrzeugen zu optimieren. Automobilhersteller haben oft hohe Beschaffungsvolumina und können durch Rückwärtsauktionen eine Vielzahl von Zulieferern ansprechen und den günstigsten Anbieter auswählen.

Rückwärtsauktionen ermöglichen es ihnen, komplexe Lieferketten zu optimieren und große Mengen an Material und Teilen (wie Stahl, Elektronik oder Kunststoffkomponenten) zu einem optimalen Preis zu beschaffen.

2. Einzelhandel

Beispiel: Walmart und Amazon verwenden Rückwärtsauktionen in ihrem Einkauf, um Produkte und Dienstleistungen zu wettbewerbsfähigen Preisen von ihren Lieferanten zu beziehen. Dies kann beispielsweise bei Verpackungsmaterialien, Transportdiensten oder sogar bei Lagerdienstleistungen eingesetzt werden.

Insbesondere bei Konsumgütern mit vielen konkurrierenden Lieferanten wie Lebensmitteln oder Bürobedarf können Einzelhändler so die besten Preise erzielen und ihre Marge optimieren.

3. Öffentlicher Sektor und Regierungsbehörden

Beispiel: U.S. General Services Administration (GSA) – In den USA setzt die GSA Rückwärtsauktionen ein, um die Beschaffungskosten bei öffentlichen Ausschreibungen zu senken. Sie nutzen dies für alles von Büromöbeln bis hin zu IT-Dienstleistungen und Infrastrukturprojekten.

In Deutschland wird diese Methode auch bei kommunalen Beschaffungen genutzt, um Verträge für Straßenbau, Gebäuderenovierung und andere öffentliche Projekte zu vergeben, oft mit dem Ziel, den Wettbewerb zwischen Anbietern zu fördern und Steuergelder effizient zu nutzen.

4. Pharmazeutische Industrie

Beispiel: Pfizer und Novartis nutzen Rückwärtsauktionen zur Beschaffung von Rohstoffen (wie Chemikalien und Verpackungsmaterialien) und für Dienstleistungen wie Logistik und Laborbedarf. Diese Branche arbeitet oft mit hochspezialisierten Lieferanten, die in der Auktion ihre besten Preise anbieten können, um langfristige Verträge zu sichern.

Für standardisierte Materialien und Dienstleistungen wie Einwegmaterialien oder bestimmte Logistikdienste sind Rückwärtsauktionen ein effizienter Weg, die Kosten zu senken.

5. Luftfahrtindustrie

Beispiel: Boeing und Airbus setzen Rückwärtsauktionen ein, um Materialien und Dienstleistungen wie Aluminium, Elektronik, Wartungsdienste und Logistik zu beschaffen. Da in dieser Branche hohe Qualitäts- und Sicherheitsstandards gelten, werden Rückwärtsauktionen oft für Lieferanten genutzt, die bereits qualifiziert sind und konkurrenzfähige Preise anbieten können.

Diese Unternehmen verwenden die Auktionen, um die besten Preise von spezialisierten Zulieferern zu erzielen, ohne Kompromisse bei den hohen Qualitätsstandards einzugehen.

6. IT und Technologiebranche

Beispiel: IBM und Cisco nutzen Rückwärtsauktionen, um IT-Dienstleistungen, Hardware und Software-Komponenten zu beziehen. Solche Auktionen eignen sich besonders für den Einkauf von standardisierten Produkten und Dienstleistungen, wie z. B. Server-Hardware, Netzwerkausrüstung oder Cloud-Speicherdienste.

Die Technologiebranche profitiert von Rückwärtsauktionen, indem sie die Preise für standardisierte Produkte wie Laptops oder Peripheriegeräte minimiert und die Einkaufskosten effizienter gestaltet.

7. Bauindustrie

Beispiel: Hochtief und Strabag nutzen Rückwärtsauktionen für große Bauprojekte, bei denen Materialien wie Beton, Stahl und Bauausrüstungen in großen Mengen benötigt werden. Auch Unteraufträge für spezialisierte Bauarbeiten, wie Elektrik oder Sanitärinstallationen, werden über Rückwärtsauktionen vergeben.

Der Bauprozess kann dadurch kosteneffizienter gestaltet werden, indem man sicherstellt, dass Lieferanten für die benötigten Materialien und Dienstleistungen den niedrigsten Preis anbieten.

Zusammengefasst:

Rückwärtsauktionen werden vor allem in Branchen mit hohen Beschaffungsvolumina und standardisierten Produkten eingesetzt, wo viele Anbieter konkurrieren und die Kosten durch Wettbewerb gesenkt werden können. Unternehmen schätzen Rückwärtsauktionen besonders in Bereichen, in denen Qualität bereits festgelegt ist und der Preis die zentrale Entscheidungsgröße ist.

Ich hatte dann darauf hingeweisen, dass es ein interessantes Beispiel gab, bei dem man eine Rückwärtsauktion wieder abgeschafft hat – wegen ungeplanter negativer Folgewirkungen. Hier geht es um die Plattform MyHammer – eine Plattform, auf der man handwerkliche Leistungen anbieten und nachfragen kann:

Rückwärtsauktionen am Beispiel der Plattform MyHammer.de

MyHammer.de, eine deutsche Plattform für Handwerks- und Dienstleistungen, nutzte ursprünglich ein Rückwärtsauktionsmodell, auch bekannt als Reverse Auction. Bei diesem Modell geben Dienstleister (Handwerker, Maler, Installateure usw.) ihre Gebote ab, wobei der Preis im Laufe der Auktion sinkt, anstatt zu steigen. Hier ist, wie das System funktionierte und warum es letztlich abgeschafft wurde:

Funktionsweise der Rückwärtsauktionen auf MyHammer:

1. Ausschreibung durch den Auftraggeber:

Ein Kunde (z. B. eine Privatperson oder ein Unternehmen) veröffentlicht eine Ausschreibung für eine bestimmte Dienstleistung, z. B. eine Renovierung, Malerarbeiten oder eine Reparatur.

2. Dienstleister geben Gebote ab:

Statt wie bei einer klassischen Auktion Gebote zu erhöhen, versuchen die Handwerker oder Dienstleister, durch immer niedrigere Preisangebote den Auftrag zu gewinnen. Der Wettbewerb dreht sich also darum, wer den günstigsten Preis für die ausgeschriebene Arbeit anbieten kann.

3. Gewinn durch niedrigstes Gebot:

Der Auftraggeber entscheidet sich in der Regel für das niedrigste Angebot, wodurch der Dienstleister mit dem günstigsten Preis den Zuschlag erhält. Dabei sollten die Anbieter auch ihre Qualität und Bewertungen berücksichtigen, aber der Preis spielte oft eine dominante Rolle.

Warum wurde das Rückwärtsauktionsmodell abgeschafft?

Es gibt mehrere Gründe, warum MyHammer das Rückwärtsauktionssystem schließlich aufgab und zu einem anderen Modell wechselte:

1. Preisdruck und Qualitätsprobleme:

Preiskampf: Da der Wettbewerb darauf basierte, immer niedrigere Preise anzubieten, führte dies häufig zu einem starken Preisdruck. Viele Handwerker sahen sich gezwungen, ihre Preise auf ein Minimum zu senken, um überhaupt eine Chance auf den Auftrag zu haben.

Qualitätseinbußen: Der extreme Preisdruck führte dazu, dass manche Dienstleister versuchten, Kosten zu sparen, indem sie bei Materialien oder der Ausführungsqualität Abstriche machten. Das führte in einigen Fällen zu schlechter Handwerksqualität, was wiederum negative Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit hatte.

2. Unzufriedenheit der Handwerker:

Viele Handwerker und Dienstleister waren unzufrieden mit dem Rückwärtsauktionssystem, da es ihre Arbeit unter Wert drückte und den Wettbewerb primär über den Preis entschied. Das machte es besonders für kleinere und qualifizierte Betriebe schwer, faire Preise zu erzielen, was zu einem Ungleichgewicht im Markt führte.

3. Negativer Einfluss auf das Image der Plattform:

Da die Qualität der Dienstleistungen durch den extremen Preisdruck litt, war dies auch für das Image von MyHammer problematisch. Kunden, die minderwertige Arbeit erhielten, waren unzufrieden und bewerteten die Plattform schlecht. Dies schadete dem Ruf von MyHammer als zuverlässiger Vermittler für qualitativ hochwertige Handwerksdienstleistungen.

4. Wettbewerb um Qualität statt um den niedrigsten Preis:

MyHammer erkannte, dass ein Geschäftsmodell, das nur auf dem niedrigsten Preis basiert, langfristig nicht tragfähig ist. Um sich von Billigplattformen abzuheben und sich als seriöse Plattform für qualitativ hochwertige Handwerksarbeit zu positionieren, wurde das Modell geändert. Kunden sollen heute auf der Grundlage von Qualität, Bewertungen und Referenzen eine Entscheidung treffen und nicht nur aufgrund des Preises.

Änderung des Geschäftsmodells:

MyHammer stellte schließlich das Rückwärtsauktionsmodell ein und führte ein System ein, bei dem Handwerker und Dienstleister auf der Grundlage ihrer Profile, Bewertungen, und ihrer angegebenen Preisvorstellungen ausgewählt werden können. Auftraggeber können Angebote von Dienstleistern einholen, aber der Preiswettbewerb ist weniger dominant als zuvor.

Stattdessen wird heute stärker auf die Qualifikation der Anbieter, Bewertungen früherer Kunden und Transparenz bei den Kosten gesetzt. Dadurch konnte MyHammer die Qualität der vermittelten Arbeiten verbessern und sowohl für Handwerker als auch für Kunden ein nachhaltigeres und faires System schaffen.

Und da war noch eine studentische Frage

Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch: In der Vorlesung hat eine Studierende eine naheliegende Frage in den Raum gestellt: Bei welcher der besprochenen Auktionsformen kann ich denn als Verkäufer am meisten herausholen? Gibt es Studien dazu?

Ich hatte darauf hingewiesen, dass ich nun kein Auktionsexperte bin und deshalb musste ich akut passen bei der Beantwortung der Frage. Aber auf Fragen interessierter Studierender soll natürlich eingegangen werden, also habe ich – um gleich auch eines dieser neumodischen Hilfsmittel in meinen Unterricht einzubauen – einmal die berühmte KI, also die (angebliche) Künstliche Intelligenz höflich befragt, was man denn zu der Frage der Studierenden sagen kann. Hier nun das Ergebnis – und lesen Sie sich das mal genau durch vor dem Hintergrund der Frage, ob und wie die Frage denn von der KI beantwortet wird. Die folgenden Ausführungen sind also nicht von mir, sondern ich zitiere die mir gelieferte Antwort auf die Frage:

Bei welcher Auktionsform kann der Verkäufer die höchsten Preise erzielen?

»Es gibt mehrere Studien und theoretische Untersuchungen zur Frage, welche Auktionsform für den Verkäufer die höchsten Preise erzielt. Die Ergebnisse hängen oft von den Marktbedingungen, der Anzahl der Bieter und den spezifischen Eigenschaften der Güter ab. Hier ist ein Überblick über die wichtigsten Auktionsformen und was die Forschung dazu sagt:

1. Englische Auktion (offene, aufsteigende Auktion)

Ablauf: Die Bieter geben nacheinander höhere Gebote ab, bis niemand mehr bereit ist, den Preis zu überbieten.

Ergebnisse: In einer englischen Auktion tendieren die Gebote dazu, relativ hoch zu sein, insbesondere wenn die Bieter über ausreichende Informationen verfügen und die Konkurrenz stark ist. Es gibt den sogenannten „Winner’s Curse“ (Verliererfluch), bei dem die Bieter über die wahren Werte des Objekts hinaus bieten, was zu höheren Endpreisen führen kann. Diese Auktion wird oft als vorteilhaft für den Verkäufer angesehen, besonders in Märkten mit vielen Teilnehmern.

Studienergebnisse: Offene Auktionen wie die englische Auktion können bei stark nachgefragten Gütern und intensiver Konkurrenz zu sehr hohen Preisen führen, da Bieter ihre Gebote kontinuierlich anpassen und auf die Konkurrenz reagieren können.

2. Holländische Auktion (offene, absteigende Auktion)

Ablauf: Der Auktionspreis beginnt hoch und sinkt allmählich, bis ein Bieter den aktuellen Preis akzeptiert und das Gebot gewinnt.

Ergebnisse: Studien zeigen, dass Holländische Auktionen oft schneller sind, aber die erzielten Preise tendenziell etwas niedriger ausfallen können, da die Bieter strategisch darauf warten, einen möglichst niedrigen Preis zu zahlen. Das Risiko besteht darin, dass Bieter zu lange warten, was zu einem Verlust des Objekts führen kann, wenn ein anderer früher zugreift.

Studienergebnisse: Im Durchschnitt erzielt der Verkäufer hier geringere Preise als bei einer englischen Auktion, besonders wenn die Anzahl der Bieter begrenzt ist.

3. Erstpreisauktion (versiegelte Gebote)

Ablauf: Jeder Bieter gibt ein geheimes Gebot ab, ohne zu wissen, was andere bieten, und der Höchstbietende gewinnt und zahlt den Betrag seines Gebots.

Ergebnisse: Da die Bieter dazu neigen, strategisch zu bieten und ihre Gebote zu senken, um einen „Winner’s Curse“ zu vermeiden, erzielen Erstpreisauktionen oft etwas niedrigere Preise als offene Auktionen. In Märkten mit wenigen Bietern oder asymmetrischer Information können die Preise relativ niedrig ausfallen.

Studienergebnisse: Studien zeigen, dass Bieter in versiegelten Auktionen oft konservativ bieten, da sie keine Gebote anderer sehen und das Risiko eines zu hohen Gebots vermeiden wollen. Für den Verkäufer können die Preise hier also niedriger sein als bei offenen Auktionen.

4. Zweitpreisauktion (Vickrey-Auktion)

Ablauf: Jeder Bieter gibt ein geheimes Gebot ab, und der Höchstbietende gewinnt, zahlt aber den Preis des zweithöchsten Gebots.

Ergebnisse: Die Theorie hinter der Zweitpreisauktion besagt, dass die Bieter einen Anreiz haben, ihren wahren Wert zu bieten, da sie nur das zweithöchste Gebot zahlen müssen. Diese Auktion kann besonders in Märkten mit asymmetrischen Informationen zu hohen Preisen führen.

Studienergebnisse: In der Praxis ist es möglich, dass diese Auktionen höhere Preise erzielen, insbesondere wenn die Bieter sich sicherer über den Wert des Gutes fühlen. Die Studien zeigen jedoch, dass dies stark von der Marktstruktur abhängt.

Fazit der Forschung:

Englische Auktion: In vielen Szenarien, insbesondere bei hoher Konkurrenz und offenen Informationen, erzielt die englische Auktion die höchsten Preise für den Verkäufer. Sie ermöglicht dynamisches Bieten und kann zu höheren Endpreisen führen.

Zweitpreisauktion: Kann in Märkten mit asymmetrischen Informationen ebenfalls hohe Preise erzielen, da Bieter ermutigt werden, ihren wahren Wert zu bieten.

Holländische und Erstpreisauktionen: Diese Auktionen tendieren dazu, etwas niedrigere Preise zu erzielen, da die Bieter eher strategisch agieren und versuchen, den Preis zu minimieren.

Es gibt jedoch keine „Einheitslösung“: Die optimale Auktionsform hängt stark von den Eigenschaften der Bieter, der Transparenz des Marktes und der Art des verkauften Gutes ab.«

So, das war die Antwort. Alles klar?