„Marktversagen“ durch „negative externe Effekte“ und „Informationsasymmetrien“ – da muss man nochmal genauer hinschauen

Sie haben in der bisherigen Vorlesung im Bereich der sogenannten Mikroökonomik lernen können, dass die Ökonomen dem Wettbewerb auf „funktionsfähigen Märkten“ eine besondere Bedeutung zuschreiben, denn „normalerweise“ bekommt man nach den Lehrbüchern dadurch die optimalsten Lösungen gerade für die vielen marktschwachen Nachfragern. Wir haben besprochen, was beispielsweise Marktverzerrungen in der Marktform des sehr engen Angebotsoligopols (wenn es sich dabei um ein „wettbewerbsloses“ Oligopol handelt) oder gar auf monopolistisch strukturieren Märkten für uns alle alle als marktschwache Nachfrager bedeuten bzw. bedeuten können. Es besteht die große Gefahr, dass auf solchen ungleichgewichtig strukturierten Märkten die Unternehmen ihre Marktmacht zuungunsten der Nachfrager missbrauchen (denken Sie hierbei auch an die Möglichkeit, dass die Marktmacht eines monopolistischen Nachfragers zuungunsten der vielen kleinen marktschwachen Anbieter, also Unternehmen, missbraucht werden kann, wenn die sich in einem Monopson befinden).

Nun wurde Ihnen bereits am Sonderfall der „natürlichen Monopole“ aufgezeigt, dass es Konstellationen geben kann, bei denen die ansonsten präferierte Wettbewerbslösung mit mehreren Anbietern, die um uns Nachfrager konkurrieren, keinen Sinn macht, sondern ganz im Gegenteil eine monopolistische Lösung aus wirtschaftlichen Gründen sogar zwingend geboten sein kann. Auf so etwas trifft man vor allem im Bereich der „leitungsgebundenen Infrastruktur“, also der Strom-, Wasser- und Gasleitungen oder der Schieneninfrastruktur im Eisenbahnbereich. Hier wären mehrere Anbieter nebeneinander nicht sinnvoll, sondern würden sogar zu einer ineffizienten Situation führen (geschweige denn, dass es oftmals gar nicht technisch möglich wäre, mehrere Leitungs- oder Schienennetze nebeneinander zu verlegen, von denen dann nur eine genutzt wird). Was aber – wir haben das ausführlich diskutiert – nicht bedeutet, dass der Betrieb bzw. die Nutzung der sich im „monopolistischen Flaschenhals“ befindlichen Infrastruktur auch monopolistisch organisiert sein muss, da kann man sich eine wettgewerbliche Ausgestaltung mit mehreren konkurrierenden Anbieter seht gut vorstellen (und das wird ja auch praktiziert, denken Sie an die miteinander im Wettbewerb stehenden Anbieter von Telekommunikations-, Energie- oder Eisenbahndienstleistungen). 

Und Sie haben auch gelernt, dass es – wie eigentlich immer – keine Regel ohne Ausnahmen gibt. So diskutieren die Ökonomen die Möglichkeit, dass wir mit einem „Marktversagen“ konfrontiert sein können. Damit verbunden ist also die Aussage, dass ein wettbewerblich strukturierter Ausgleich von Angebot und Nachfrage über den Preismechanismus auf einem möglichst nicht durch staatliche Regulierungen verzerrten Markt gerade nicht zu einer optimalen Lösung führt. Als mögliche Ursachen für ein solches „Marktversagen“ haben Sie vor allem zwei kennen gelernt:

➔  Negative externe Effekte

und

➔  Informationsasymmetrien.

Ich hatte versucht, Ihnen mit auf den Weg zu geben, dass das Konzept der „negativen externen Effekte“ gleichsam den Kernbereich der modernen Umwelt- und damit der Klimaökonomik darstellt. Und dass die möglichen Maßnahmen, die von Umwelt- und Klimaökonomen vorgeschlagen werden, um die Auswirkungen der negativen externen Effekte abzumildern oder gar zu kompensieren, sich des Angebots-Nachfrage-Modells mit dem Preismechanismus bedienen, in dem eine „Internalisierung der externen Effekte“ in die betriebswirtschaftliche Preis- und damit Kostenkalkulation vorgeschlagen wird. Bei der Klimaproblematik mit der besonderen Bedeutung der klimaschädlichen CO2-Emissionen sind wir dann mittendrin in der Diskussion über eine Bepreisung dieser Emissionen (z.B. über eine CO2-Steuer). Dieser Bereich ist angesichts der Bedeutung der Klimafragen für die vor Ihnen liegenden Jahrzehnte von allergrößter Relevanz.

Nach einem aktuellen Bericht des Copernicus Climate Change Service (C3S) war der Sommer 2024 in Europa der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen, mit einer Rekordhitze und bis zu 60 % wärmeren Tageszeiten als im Durchschnitt in den südöstlichen Regionen. Sich ändernde Niederschlagsmuster und veränderte Flussläufe verdeutlichen zudem, wie dramatisch sich die Sommer in den letzten Jahrzehnten verändert haben. Kurzum: Der Sommer 2024 war für Europa der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen und nach den Daten der Klimaforscher haben wir in diesem Jahr die 1,5-Grad-Grenze gerissen. Weitere Informationen zu dem Bericht finden Sie hier: C3S seasonal lookback: summer 2024

Vor diesem Hintergrund lesen Sie bitte aus der Zeitschrift „WISU – Das Wirtschaftsstudium“ den folgenden kurzen Artikel (den Sie auf der Olat-Seite im Materialordner finden):

➔  Thieß Petersen (2024): Externe Effekte, in: WISU- Das Wirtschaftsstudium, Heft 7/2024

Die zweite mögliche Ursache für Marktversagen wurde mit „Informationsasymmetrien“ überschrieben. Ich hattet darauf hingewiesen, dass es sich hier neben der grundsätzlichen Bedeutung um einen ganz wichtigen Begriff für die Versicherungsökonomie handelt, denn bei Versicherungen ist man oft bzw. in der Regel (auf beiden Seiten) mit Informationsasymmetrien konfrontiert. Das kann eine ganz handfeste Bedeutung auch für Sie haben, die sich am Anfang einer hoffentlich erfolgreichen Berufskarriere befinden. Dazu habe ich Ihnen ein Fallbeispiel besprochen: Marktversagen am Beispiel der Absicherung des Risikos Berufsunfähigkeit.

Hier der Arbeitsauftrag:

1.) Auf der Olat-Seite finden Sie einen neuen Ordner: Lehrvideos. Dort schauen Sie sich bitte das folgende Video an, das ich Ihnen produziert habe:

➔  Fallbeispiel Marktversagen (27 Minuten)

Nachdem Sie das Video gesehen und gehört haben, machen Sie bitte den zweiten Schritt:

2.) Gehen Sie einmal optimistisch davon aus, dass Sie die höchste Hürde Ihres Studiums, die VWL-Klausur, bestanden haben und demnächst als Betriebswirt/in einen sozialversicherungspflichtigen Job in einem Unternehmen aufnehmen. Sie wollen sich ab dem Beginn der Tätigkeit im kommenden Jahr gegen das Risiko einer Berufsunfähigkeit privat mit einer BU-Versicherung absichern, denn Sie haben ja nun einige Jahre investiert in Ihre BWL-Ausbildung und wollen natürlich auch in diesem Berufsfeld arbeiten und ganz viel Geld verdienen.

➔ Bitte recherchieren Sie, was Sie ab 2025 monatlich für einen Beitrag für die von Ihnen gewählte BU-Versicherung zahlen müssten und welche Leistungen damit verbunden wären.

Ich wäre dankbar, wenn Sie das Ergebnis Ihrer Recherche kurz per Mail an den Dozenten schicken mit der Angabe des Alters (denn das spielt bei der Berechnung der monatlichen Prämienhöhe eine Rolle) und der wichtigsten Leistungen. Ich würde dann eine Zusammenfassung der eingegangenen Rückmeldungen machen und im Plenum diskutieren.