In der Vorlesung am 12. Dezember 2024 ist hinsichtlich meines Lehrvideos zur Geldpolitik eine Nachfrage gestellt worden, bei der es um die schematische Darstellung der Auswirkungen von Wechselkursveränderungen auf die Entwicklung der Verbraucherpreise ging. Dabei konnte konkret beim Wirkungskanal eine Aufwertung betreffend nicht nachvollzogen werden, warum denn bei einer Aufwertung beispielsweise des Euro gegenüber dem US-Dollar die „Güternachfrage im Inland“ zurück geht. Müsste die nicht eigentlich steigen?
Hier zur Erinnerung die Abbildung aus der Foliensammlung, dort Folie 11:
Quelle der Abbildung: Deutsche Bundesbank (2024): Geld und Geldpolitik, Frankfurt am Main, S. 154
Auf der Folie 10 sind beide Wechselkursveränderungen – also die Aufwertung und die Abwertung . beschrieben worden. Hier nochmal der Versuch, das scheinbare Rätsel aufzudröseln.
Ganz allgemein kann man folgende Merkposten formulieren:
➔ Eine Aufwertung wirkt tendenziell inflationsdämpfend, da sie Importpreise senkt und die Exporte verteuert.
➔ Eine Abwertung wirkt tendenziell inflationsfördernd, da sie Importpreise erhöht und die Exporte verbilligt.
Bleiben wir bei dem Fall, auf den sich die Nachfrage des Studierenden bezog: die Aufwertung und die damit verbundene angebliche Verringerung der „Güternachfrage im Inland“.
Eine Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar bedeutet, dass der Euro (= inländische Währung) gegenüber dem US-Dollar (= ausländische Währung) an Wert gewinnt. Welche Auswirkungen hätte das?
Zum einen: Güter und Dienstleistungen aus den USA (sowie entsprechende Güter und Dienstleistungen, aus anderen Ländern, wenn diese in US-Dollar fakturiert, also gehandelt werden) sind nun für inländische Verbraucher günstiger, da diese mit ihrer stärkeren Währung mehr Dollar für denselben Betrag in Euro bekommen. Wenn die Importpreise aufgrund der Euro-Aufwertung sinken, dann kommt es zu einem Rückgang der Kosten für importierte Konsumgüter und Vorleistungen, was tendenziell inflationsdämpfend wirkt.
Zum anderen werden die Exporte aus dem Inland im Ausland teurer (weil die ausländischen Verbraucher durch die Abwertung des Dollar jetzt für das gleiche Produkt mehr in Dollar zahlen müssen). Das kann bzw. wird die Nachfrage nach den nun teureren inländischen Produkten verringern. Wenn nun die exportierenden Unternehmen in Deutschland aufgrund der rückläufigen Nachfrage nach ihren aufwertungsbedingt teurer gewordenen Produkten weniger absetzen, dann werden sie weniger Umsatz machen und weniger investieren und möglicherweise sogar die Produktion drosseln, was dann im Ergebnis das Wirtschaftswachstum verringern wird. Diese Abbremsung des Wirtschaftswachstums hat nun ebenfalls eine inflationsdämpfende Wirkung. Die insgesamt geringere Nachfrage aufgrund schwächerer Exporte kann den Druck auf inländische Preise weiter reduzieren.
Entscheidend ist also der Punkt, dass die Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar Auswirkungen hat auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und damit auch auf die Entwicklung des Preisniveaus. Wenn Produkte aus dem anderen Währungsraum für Käufer im Euroraum günstiger werden (Importpreise sinken), dann werden die stärker nachgefragt. In der Folge geht die Nachfrage im Euroraum nach eigenen Produkten tendenziell zurück, was den Preisdruck und somit die Inflationsrate dämpft – aber eben auch erklärt, warum bei einer Aufwertung des Euro die „Güternachfrage im Inland“ zurückgeht. Gleichzeitig müssen die ausländischen Nachfrager – in ausländischer Währung gerechnet – nach einer Aufwertung des Euro mehr für die Güter aus dem Euroraum bezahlen (Exportpreise steigen). So nimmt auch die ausländische Nachfrage nach solchen Gütern in der Tendenz ab – und die sich verringernden Exporte aus Deutschland bzw. dem Euro-Raum werden dann die „Güternachfrage im Inland“ ebenfalls reduzieren (und gleichzeitig dadurch inflationsdämpfend werden, weil die Unternehmen im Inland eben keinen oder einen deutlich verkleinerten Preiserhöhungsspielraum haben).
Alles klar?