Insiderhandel ganz oben? Ein Fallbeispiel aus den USA

In meinem letzten Beitrag hatte ich Sie im Kontext der Auseinandersetzung mit dem (nur theoretischen) Konstrukt der vollkommenen Märkte und den Börsen als (ebenfalls nur theoretisches) Beispiel für eine Annäherung an die Voraussetzungen, die für einen vollkommenen Markt erfüllt sein müssen, darauf hingewiesen, dass es sofort Aktivitäten gibt, mit denen sich einzelne Marktteilnehmer (wieder) Vorteile zuungunsten der anderen verschaffen, so dass es zu Marktverzerrungen und der Herausbildung von Marktmacht kommt. Ich hatte das am Beispiel der Hochfrequenzhändler an der Börse mit deren (übrigens nicht illegalen) Marktmanipulationen erläutert und bei der Besprechung der Wertpapiermärkte auch hingewiesen auf den (illegalen) Insiderhandel, mit dem ja auch die Voraussetzung eines vollkommenen Marktes oder wenigstens die Annäherung daran zerstört wird.

Und in diesen Tagen werden wir alle rund um die völlig wirr daherkommende Wirtschaftspolitik des US-Präsidenten Donald Trump Zeuge eines heftigen Vorwurfs gegen diesen: Er habe Insiderhandel betrieben – auch zu seinem eigenen wirtschaftlichen Vorteil. Was ist passiert? Und kann man die Ereignisse wirklich einordnen in das Problemfeld Insiderhandel?

In diesen wilden Tagen wird man mit solchen Schlagzeilen konfrontiert: Hat Trump die Märkte manipuliert?: »Ein Posting des US-Präsidenten und seine anschließende Zollpause haben die Börsenkurse in die Höhe schnellen lassen. Kritiker werfen Trump vor, die Märkte bewusst manipuliert zu haben, um selbst davon zu profitieren.« Was ist passiert?

»Direkt nach Eröffnung des neuen Börsentages an der Wall Street kommentierte US-Präsident Donald Trump am Mittwochmorgen die Kursverluste der vergangenen Tage. Auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social forderte er seine Follower auf: „Bleibt cool. Alles wird sich zum Guten wenden. Die USA werden größer und besser sein als je zuvor!“

Vier Minuten später dann bereits das nächste Posting. Um 9:37 Uhr US-Ostküsten-Zeit schreibt Trump in Großbuchstaben: „DIES IST EIN GROSSARTIGER ZEITPUNKT ZUM KAUFEN!!! DJT“

Wer der Aufforderung des US-Präsidenten zu diesem Zeitpunkt gefolgt ist und die richtigen Aktien gekauft hat, konnte an nur einem Börsentag große Gewinne erzielen. Denn wenige Stunden nach seinem Posting verkündete Trump eine 90-tägige Pause für fast alle Zölle. Der Aktienmarkt reagierte sofort auf diese Nachricht und die Kurse schossen plötzlich regelrecht nach oben.«

»Einen zusätzlichen Beigeschmack hat Trumps Post … deshalb, da Trumps Medien-Unternehmen Trump Media and Technology Group am Ende des Börsentages doppelt so stark zulegte wie der Börsendurchschnitt. Das könnte mit dem Schluss seines Posts zu tun haben: Das Kürzel „DJT“ ist der Börsencode des Unternehmens. Zugleich aber entspricht das den Initialen von Donald J. Trump, mit denen er seine Posts manchmal, aber nicht immer unterzeichnet – wohl um zu signalisieren, dass er den Post persönlich verfasst hat«,so dieser Bericht: Hat Trump mit seinen Zoll-Posts die Märkte mani­pu­liert? Allerdings kommt auch dieser Artikel zu dem Schluss: Der Nachweis einer Manipulationsabsicht dürfte schwierig sein. Und selbst wenn, was sollte dem US-Präsidenten passieren?

Aber das hatte nicht nur allgemeine Auswirkungen, sondern für Trump selbst und sein Umfeld machte sich das bezahlt:

»Beim Blick auf die Aktienkurse einzelner Unternehmen fiel auf, dass Donald Trump selbst zu den größten Gewinnern des Tages gehörte. Die Trump Media & Technology Group, an der der US-Präsident mit 53 Prozent beteiligt ist, konnte ein Plus von 22,67 Prozent erzielen – eine erstaunliche Leistung für ein Unternehmen, das im vergangenen Jahr 400 Millionen Dollar verloren hat. Und auch die Aktien von E-Auto-Hersteller Tesla kletterten um mehr als 22 Prozent in die Höhe, wodurch Trump-Freund Elon Musk sein Vermögen um 20 Milliarden Dollar vermehren konnte.«

Diese extremen Gewinne, die der US-Präsident durch sein eigenes Handeln ausgelöst hat, führten bei vielen Kritikern und Usern im Netz schnell zu Spekulationen. Hat Donald Trump die Märkte mir seiner Zollpolitik bewusst manipuliert, damit er selbst davon profitieren kann? Und wer aus seinem Umfeld wusste, was er vorhatte?

»Diverse Senatoren fordern eine Untersuchung. Auch der unter George W. Bush tätige ehemalige Chef-Anwalt für ethische Fragen im Weißen Haus, Richard Painter, spricht im Interview mit der ARD von einem extrem ungewöhnlichen Vorgang. „Das führt zu Spekulationen darüber, ob anderen Personen vorher im Privaten geraten wurde, Aktien zu kaufen. In dem Fall könnte ein illegaler Insiderhandel auf der Grundlage nicht öffentlicher Informationen vorliegen.“ Das Posting von Trump an sich, in dem er den Tipp gibt, Aktien zu kaufen, sei dagegen kein Gesetzesverstoß – selbst wenn er zu diesem Zeitpunkt schon darüber nachgedacht hätte, die Zollpause zu verkünden. Trotzdem findet auch Richard Painter das Verhalten nicht angemessen: „Es ist wirklich völlig unangebracht für den Präsidenten der Vereinigten Staaten Aussagen darüber zu machen, ob man Aktien kaufen sollte, bevor er diese großen Entscheidungen verkündet.“«

Was die Begriffe „Insiderhandel“ und „Marktmanipulation“ bedeuten und was Experten zu den Vorwürfen sagen – einen Überblick vor dem Hintergrund der Ereignisse rund um Trump findet man in diesem Beitrag: Insiderhandel: Was die Vorwürfe gegen Trump bedeuten. »Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) definiert Insiderhandel so: „Insiderhandel liegt vor, wenn Personen Kenntnis von einer Insiderinformation haben und aufgrund dieses Wissens Papiere des betroffenen Unternehmens erwerben oder veräußern, um sich so einen wirtschaftlichen Sondervorteil zu verschaffen.“ Als Insiderinformation zählt dabei alles, was öffentlich unbekannt ist – den Aktienkurs im Falle des Bekanntwerdens aber erheblich beeinflusst.«

»Florian Heider, Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, nennt … ein einfaches Beispiel: „Eine Firma erzielt einen Durchbruch bei einem Medikament. Das weiß der Markt noch nicht, ein Mitarbeiter aber schon – und kauft deshalb vor der Bekanntgabe Aktien des Unternehmens, um davon zu profitieren.“«

Und Sie wissen ja schon, dass Insiderhandel bei uns verboten ist.

»In den USA – wie auch in Deutschland – ist Insiderhandel verboten. Verstöße können laut der US-amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde SEC mit hohen Geld- und Gefängnisstrafen geahndet werden. Allerdings zählen laut SEC vor allem leitende Angestellte, Direktoren und Hauptaktionäre (mindestens 10 Prozent) als Insider.«

»Es ist also unklar, ob und wie Trump in seiner Rolle als US-Präsident juristisch mit Insiderhandel in Verbindung gebracht werden könnte. Und selbst wenn, sagt Heider: „Wir dürfen nicht vergessen, dass zumindest Donald Trump selbst in seinen Handlungen als US-Präsident aufgrund des Urteils des Obersten Gerichtshofs immun ist.“«

Wie sieht es mit Marktmanipulation aus?

»Bei Marktmanipulation gehe es darum, eine Aktie „gezielt zu hypen oder schlechtzureden, je nachdem, wie man sich zuvor positioniert hat“, sagt Heider. Das funktioniere beispielsweise so: „Ich kaufe eine Aktie, initiiere danach einen Hype, der andere auch zum Kauf verleitet. Der Kurs steigt, ich erhalte den Profit.“
Als US-Präsident habe Trump qua Amt einen enormen Einfluss auf und – damit einhergehend – enorme Verantwortung für die Märkte. „Ähnliche Akteure auf den Finanzmärkten, etwa Zentralbanken, halten sich ganz bewusst zurück“, sagt Heider. „Die Vorwürfe gegen Trump wundern mich deshalb nicht, auch wenn es wahrscheinlich sehr schwierig sein wird, das im Detail zu beweisen.“«

Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass Trump auch hier wieder herauskommt.