Wenn die Mietpreisbremse ausgebremst wird durch diese Umgehungsstrategien. Ein Fallbeispiel aus dem realen Leben

Wir hatten heute in der Übungsveranstaltung eine Aufgabe zum Thema Mietpreisbremse (als sicher gut gemeinte Regulierung im Sinne eines Überforderungsschutzes für die Mieter vor allem in Regionen, in denen es ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach halbwegs bezahlbaren Wohnraum gibt) und den immer wieder in der Wirklichkeit zu beobachtenden Umgehungs- und Ausweichstrategien, mit denen man versucht, die Regulierung zu umschiffen. In diesem Kontext hatte ich Sie darauf hingewiesen, dass es seit der Existenz der Mietpreisbremse einen starken Anstieg der angebotenen „möblierten Wohnungen“ gibt, der nicht zufällig ist, weil diese nicht unter die Mietpreisbremse fallen. Ich hatte auch Zahlen genannt, will das aber im Nachgang zu meinen Ausführungen auch belegen.

»In Deutschlands Metropolen machen möblierte Wohnungen bereits rund ein Drittel des Angebots auf dem Mietmarkt aus. Das bedeutet: noch horrendere Mieten«, konnte man bereits vor einem Jahr dem Artikel Boom möblierter Wohnungen hebelt Mietgesetze aus entnehmen. Darin wird weiter ausgeführt: »“Die Mietpreisebremse soll eigentlich als regulierende Maßnahme die Mietpreisentwicklung abbremsen“, sagt Lennart Dannenberg, Sprecher des Immobilienportals Immoscout24. Doch der Boom der möblierten Wohnungen, die eigentlich zum vorübergehenden Gebrauch vermietet werden, hebelt die strengen Mietgesetze aus … „Wir beobachten ein beachtliches und zunehmendes Angebot an möblierten Wohnungen“, sagt auch Christian Oberst, Senior Economist für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik beim Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), im Gespräch mit tagesschau.de. „Möblierte Wohnungen werden mit erheblichen Preisaufschlägen vermietet, insbesondere in angespannten Wohnungsmärkten“, so der Immobilienexperte.

Die Mieten für möblierte Wohnungen liegen signifikant über denen vergleichbarer unmöblierter Wohnungen. Das hat zugleich Folgen für die Höhe aller Mieten. Wie das? 

»Diese hohen Mieten fließen wiederum in die Mietspiegel ein und treiben so alle Mieten nach oben – ein Teufelskreis.«

Und dann werden Daten von ImmoScout24 präsentiert (Stand: Januar 2024):

»Betroffen sind demnach insbesondere Deutschlands Top-5-Metropolen. Hier sei inzwischen im Schnitt jedes dritte Angebot eine möblierte Mietwohnung. Im Schnitt würden sie für 10 Euro mehr pro Quadratmeter angeboten, heißt es von Immoscout. „In Frankfurt am Main ist der Anteil der möblierten Wohnungen mit 41 Prozent am höchsten. Am teuersten sind möblierte Wohnungen in Berlin. Sogar teurer als in München“, sagt ImmoScout24 Geschäftsführerin Gesa Crockford. „Berlin ist mit knapp 36,82 Euro pro Quadratmeter bei den möblierten Wohnungen absoluter Spitzenreiter“, hieß es. Diese werden in der Hauptstadt fast doppelt so teuer angeboten wie unmöblierte.«

Wichtig der Hinweis: Möblierte Wohnungen anzubieten ist nicht per se eine schlechte Sache. »Möblierter Wohnraum erfülle in einer Nische durchaus einen Zweck, so der Immobilienexperte Oberst: „Gerade in Frankfurt, wo sich viele Arbeitskräfte beispielsweise aus der Finanz- oder Beraterbranche für eine begrenzte Zeit vor Ort aufhalten, sind möblierte Wohnungen sinnvoll und es gibt eine berechtigte Nachfrage.“«

»Wie groß ist das Problem auf dem gesamten deutschen Wohnungsmarkt? „Bundesweit hat der Anteil von möblierten Wohnungen zwar zugenommen, ist jedoch auf einem deutlich niedrigeren Niveau als in den Metropolen“, heißt es bei Immoscout 24. Insgesamt sei der Anteil möblierter Mietangebote im Vergleich zu allen Mietinseraten vergleichsweise gering, erklärt auch der Konkurrent immowelt. Aber er steigt – und zwar auch außerhalb der Metropolen. Allerdings bewege sich der Anteil dort im niedrigen einstelligen Prozentniveau, erläutert immowelt-Sprecherin Schmid. In Städten mit einer Bevölkerung zwischen 100.000 und 500.000 sei der Anteil möblierter Angebote am Gesamtangebot der Plattform in den vergangenen zweieinhalb Jahren von etwa 3 auf 8 Prozent gestiegen. Bei Immoscout24 kletterte der Anteil bundesweit seit 2019 von acht auf elf Prozent.«

Und wieder einmal kann man an diesem Beispiel lernen, dass Sie auf das Kleingedruckte achten müssen: Grundsätzlich gilt (passen Sie immer auf, wenn Juristen und Politiker von „grundsätzlich“ sprechen, dann gibt es meistens gewichtige Ausnahmen):

➔ Möblierte Wohnungen sind grundsätzlich von der Mietpreisbremse erfasst. Die Vermietung einer möblierten Wohnung dürfe nur zehn Prozent über der Miete für vergleichbaren Wohnraum liegen, solange die Wohnung im Gebiet einer gültigen Mietpreisbremsen-Verordnung liege und keine Ausnahme vorliege, heißt es vom Mieterbund.

Ja was denn jetzt, wird der eine oder andere an dieser Stelle stöhnen. Die Mietpreisbremse gilt also doch auch für möblierte Wohnungen?

Kommt darauf an:

»Die aktuelle rechtliche Konstruktion kann … von Vermietern und Wohnungskonzernen ausgenutzt werden: „Das Vermieten von möblierten Wohnungen auf Zeit ist nach wie vor eine rechtliche Grauzone“, sagte Crockford. So gilt die Mietpreisbremse beispielsweise nicht, wenn die Wohnung nur zum „vorübergehenden Gebrauch“ vermietet wird. Es muss demnach eine zeitliche Begrenzung des Mietvertrages vorliegen … In der Praxis zeigt es sich …, dass der Begriff des „vorübergehenden Gebrauchs“ von Mietern und Vermietern bei der Vertragsschließung weit ausgelegt werden kann. Und: Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter.«

Aber es gibt noch ein weiteres Problem: Möblierte Wohnungen dürfen aufgrund der Einrichtungskosten, die der Vermieter trägt, teurer vermietet werden. Jedoch fehlen klare gesetzliche Regeln – danach wurde ja auch von Ihnen in der Übungsveranstaltung gefragt. 

»“Da die Höhe des zulässigen Aufschlags gesetzlich nicht geregelt ist und auch nicht im Mietvertrag ausgewiesen werden muss, wissen Mieter meist nicht, wie wertvoll die Möbel sind und welcher Zuschlag angemessen ist“, sagt Hartmann. Als möbliert könne die Wohnung bereits mit wenigen Möbelstücken gelten.«

»Deshalb gibt es die Forderung, die Mietpreisbremse so neu zu gestalten, dass auch möblierter Wohnraum besser erfasst wird – und Wege versperrt werden, sie zu umgehen.«

Tatsächlich gab es den politischen Versuch, mit strengeren gesetzlichen Regeln zu reagieren. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hatte im April 2023 erklärt, sie wolle verhindern, dass die Mietpreisbremse mit möbliert angebotenen Wohnungen ausgehebelt werde. Die Zunahme lasse darauf schließen, dass es sich um einen „Umgehungstatbestand“ handele, so Geywitz.

Man wird abwarten müssen, ob sich auf dieser Baustelle noch was bewegen wird.