Die ganz eigene Welt der Preisbildung bei Arzneimitteln (bei uns) – und die andere Welt des Donald Trump in den USA

In meinem VWL-Skript finden Sie den „Exkurs: Ein Blick auf die ganz eigene Welt der Preisbildung bei Arzneimitteln“ (S. 77 ff.). Viele Güter durchlaufen eine Art „Lebenszyklus“. Das Marktphasenmodell verknüpft diesen Produktlebenszyklus mit den einzelnen Marktformen. Die wettbewerbspolitische Bedeutung der Marktphasentheorie liegt vor allem darin, die vorübergehende Monopolstellung des Innovators, des „Pionierunternehmers“, als „Belohnung“ für Risiko und Einführung technischen Fortschritts zu honorieren, gleichzeitig aber auch durch Offenheit der Märkte zu gewährleisten, dass nach einer bestimmten Zeit Konkurrenz auftritt und eine übermäßige Ausnutzung der Monopolstellung verhindert. In der Pharmaindustrie (einer der vier industriellen Schwergewichte in Deutschland) gibt es staatlich vorgegebene Schutzzeiten für ein neues Medikament/einen neuen Wirkstoff, die es dem Innovator ermöglichen, „Monopolrenten“ zu erwirtschaften, da er befristet der einzige Anbieter auf dem Markt ist und vor Konkurrenz geschützt wird. Nach Auslaufen der Schutzfrist können andere Unternehmen das Medikament/den Wirkstoff kopieren. Deren Produkte kommen dann als „Generika“ auf dem Markt.

In dem Exkurs wird herausgearbeitet, wie in Deutschland mit zahlreichen und komplexen Regulierungen staatlicherseits versucht wird, die Preisentwicklung bei Arzneimitteln und die damit verbundene Belastung der Krankenkassen irgendwie im Griff zu behalten. Damit die Ausgaben der Kassen nicht vollends aus dem Ruder laufen. Zugleich kann man erkennen, dass die Arzneimittelhersteller ständig versuchen, in die für sie komfortable Position eines temporären Monopols zu kommen, denn da können sie für eine begrenzte Zeit sehr hohe Preise aufrufen. Und wir sprechen hier über richtig große Beträge: Die Arzneimittelausgaben allein der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) beliefen sich 2024 auf 55,2 Milliarden Euro.

Aber es gibt noch ein Land, in dem die Arzneimittelausgaben noch viel höher sind als in Deutschland (und zugleich die Versorgung der Menschen insgesamt deutlich schlechter als bei uns): die USA.

»Medikamentenpreise sind in den USA ein wichtiges Thema. Dort gibt es bisher keine zentrale staatliche Preisregulierung, die für alle Arzneimittel greift. Die Pharmaindustrie spielt die bedeutendste Rolle bei der Frage, wie viel ein Medikament kostet – der staatliche Einfluss ist begrenzt. Das führt zu teilweise enorm hohen Preisen – im internationalen Vergleich sind viele Medikamente in den USA deutlich teurer. In Deutschland hingegen greifen verschiedene Formen staatlicher Regulierung.« Das kann man diesem Artikel entnehmen: Trump will Preise für Medikamente senken. Und an anderer Stelle – in dem Beitrag Trump will Medikamente drastisch billiger machen – und das Ausland soll dafür zahlen von Bettina Menzel – wird es etwas genauer:

»Rezeptpflichtige Medikamente sind in den USA laut einer Untersuchung der Denkfabrik Rand Corporation um 256 Prozent höher als in 32 Vergleichsländern der OECD. Einer der Gründe dafür ist das Fehlen zentraler staatlicher Preisregulierung und zentraler Preisverhandlungen.«

Und was hat das nun mit Donald Trump zu tun?

»US-Präsident Donald Trump will die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente in den USA senken. Er werde am Montag eines der „folgenreichsten Dekrete“ in der Geschichte der USA unterzeichnen, kündigte der Republikaner auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social an. Trump hatte bereits in den vergangenen Tagen eine „weltbewegende“ Ankündigung in Aussicht.«

Und auch das hier wird einen nicht mehr überraschen können – wir kennen das aus seiner Ankündigungspolitik von Zöllen gegen dies und das und gegen alle, weil die USA ständige „übers Ohr gehauen werden:

»Trump sieht die USA wegen der hohen Preise benachteiligt.«

Jetzt verspricht der US-Präsident, dass die Arzneimittelpreise in den USA „fast sofort“ um 30 bis 80 Prozent sinken würden. Aber wie will er das schaffen? Dazu aus dem Beitrag Trump will Preise für Medikamente senken:

»Trump will mit dem System der „Most Favored Nation“ gegen die hohen Preise vorgehen. Er hatte dies bereits während seiner ersten Amtszeit versucht voranzutreiben – erfolglos. Die Idee ist, die Erstattungspreise für Medikamente an den niedrigsten Preis wohlhabender Vergleichsländer zu koppeln, um die hohen Medikamentenkosten in den USA zu senken. So sollen die Pharmafirmen gezwungen werden, international vergleichbare Preise zu akzeptieren. Der Vorschlag wurde nie umgesetzt, es gab rechtlichen und politischen Widerstand.
In Trumps Mitteilung klang es nun so, als ginge es nicht nur um Vergleichspreise in bestimmten Ländern. Er schrieb, die USA würden denselben Preis zahlen wie das Land, das weltweit den niedrigsten Preis für ein Medikament zahle.«

Und schon sind wir mittendrin in der neuen Wissenschaftsdisziplin: Was könnte Donald gemeint haben?

»Es ist offen, ob es nur um Arzneimittel geht, die vom staatlichen Krankenversicherungsprogramm für Senioren (Medicare) abgedeckt werden – oder ob Trump mit der Preisregulierung noch einen Schritt weitergehen will. Das könnte rechtlich besonders schwierig werden.«

Trump will also bei Arzneimitteln (oder einem Teil davon?) eine Politik der „meistbegünstigten Nation“ betreiben. Der Begriff ist ihm nicht vom Himmel vor die Füße gefallen, sondern er bezieht sich offensichtlich auf den Status der „meistbegünstigten Nation“ der Welthandelsorganisation (WTO), der Handelsdiskriminierung verhindern und faire Bedingungen zwischen Handelspartnern schaffen soll. Was verstehen die darunter? Nach den WTO-Abkommen dürfen Länder normalerweise nicht zwischen ihren Handelspartnern diskriminieren.“ Handelsvorteile, die für einen Handelspartner gelten, müssen auch allen anderen gewährt werden.

Nun wird der eine oder andere aufmerksame Leser die Frage aufwerfen, aber warum soll das, was er da angeblich vorhat. auf „unsere Kosten“ gehen, was ist gemeint mit der Formulierung, dass sich Trump die Preissenkung vom Ausland bezahlen lassen will?

Der Mechanismus ist theoretisch klar: Wenn die Pharmahersteller in den USA nur noch die teilweise deutlich niedrigeren Preise im Ausland aufrufen dürfen, dann werden die Unternehmen ihre Preise in diesen bislang billigeren Länder entsprechend nach oben anpassen müssen, wenn sie eine Kompensation oder wenigstens eine Teil-Kompensation der dann in den USA anfallenden Verluste aufgrund der Preissenkung erreichen wollen. Wie gesagt, theoretisch ist das klar.

Soweit die ersten Informationen und Einordnungen in Umrissen. Mal sehen, ob und was aus diesem Vorstoß in überaus vermintes Gelände wird.

Nachtrag am 13.05.2025:

In der WirtschaftsWoche findet man diesen Beitrag: Trump will US-Medikamentenpreise per Erlass um 90 Prozent senken: »Die US-Medikamentenpreise lägen derzeit 30 bis 80 Prozent über denen anderer wohlhabender Länder, wettert der US-Präsident und beschließt die Preise per Dekret zu senken.« Dort finden wir einige Hinweise, wie man das umsetzen will:

»US-Präsident Donald Trump will die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente in den USA per Erlass deutlich senken. Er strebe einen Rückgang von 59 bis 90 Prozent an, sagte Trump am Montag im Weißen Haus bei der Unterzeichnung des Dekrets. Demnach werden den Arzneimittelherstellern in den kommenden 30 Tagen Preisziele vorgegeben. Sollten sie nicht deutliche Fortschritte innerhalb der kommenden sechs Monate vorweisen, werde es weitere Maßnahmen geben.«

»Die Kosten für Medikamente sind in den USA ein Dauerthema. Anders als in vielen anderen Industrieländern gibt es dort keine zentrale staatliche Preisregulierung. Die Preisgestaltung liegt weitgehend in der Hand der Pharmaunternehmen. Das führt zu oft erheblich höheren Kosten als etwa in Europa. In Deutschland greifen verschiedene Formen staatlicher Kontrolle.«

Auch interessant, wer Trump wie beeinflusst haben soll:

»Auslöser für Trumps Erlass war nach seinen eigenen Angaben auch ein Gespräch mit einem namentlich nicht genannten Freund. Dieser habe berichtet, wie er in London 88 Dollar für eine Abnehmspritze bezahlt habe, die in den USA 1.300 Dollar koste.«

Zur Erinnerung: Trump hat in seiner ersten Amtszeit versucht, die Preise in den USA mit denen in anderen Ländern in Einklang zu bringen, wurde aber von den Gerichten blockiert.

Wer ist schuld an den hohen Medikamentenpreisen in den USA? Na klar, im Zweifelsfall die Europäer und anderen Staaten, die den USA schaden wollen – ein Antrieb bei Trump auch in anderen Bereichen:

»Besonders scharf griff er stattdessen europäische Staaten an. Amerikanische Patienten hätten „sozialistische Gesundheitssysteme“ wie das in Deutschland mitfinanziert. Der Europäischen Union warf Trump vor, sich in Preisverhandlungen „unverschämter als China“ zu verhalten. Europa müsse künftig tiefer in die Tasche greifen: „Der Rest der Welt wird mehr zahlen müssen“, sagte er. „Und Amerika wird viel weniger zahlen.“«

Und weiter erfahren wir zu der geplanten Umsetzung:

»Für die Umsetzung des Dekrets sollen mehrere US-Behörden aktiv werden. So soll das Handelsministerium gegen Preispolitiken im Ausland vorgehen, die aus amerikanischer Sicht als unfair gelten – etwa staatlich festgelegte Höchstpreise, die US-Unternehmen benachteiligen. Das Gesundheitsministerium soll – wo möglich – Direktverkäufe von Medikamenten an US-Verbraucher zu den weltweit niedrigsten Preisen ermöglichen. Die Arzneimittelbehörde FDA soll außerdem prüfen, ob künftig Importe aus zusätzlichen Industrieländern erlaubt werden können. Auch Exportbeschränkungen stehen laut Weißem Haus zur Diskussion.

Innerhalb von 30 Tagen soll das Gesundheitsministerium konkrete Ziele für Preissenkungen festlegen. Auf dieser Grundlage will die Regierung mit der Pharmaindustrie verhandeln. Sollte die Industrie nicht freiwillig auf die Regierung zugehen und die Preise senken, seien weitere Maßnahmen geplant.

Im Mittelpunkt sollen vor allem Arzneimittel stehen, bei denen die Preisunterschiede zwischen dem US-Markt und dem Ausland besonders groß sind.«

Und wie wird die Umsetzbarkeit eingeschätzt?

»Experten zufolge dürfte der Erlass vor Gericht aber einen schweren Stand haben, da er wohl gegen gesetzlichen Vorgaben verstößt.«

„Er hat das schon mal versucht und wurde von den Gerichten gestoppt.“
Evan Seigerman, Analyst von BMO Capital Markets