In der Vorlesung hatte ich Ihnen bei der Besprechung des Themenfeldes Konjunktur und Konjunkturindikatoren erläutert, dass die Erstellung und Bereitstellung von Konjunkturprognosen eine bedeutsame Zuliefererfunktion der Volkswirte für Betriebswirte in den Unternehmen ist – und für den Staat. Für Bund, Bundesländer, Kommunen und die Sozialversicherungen,1 die alle zusammen den Sektor „Staat“ bilden, ist es überaus wichtig, eine Einschätzung der vor uns liegenden konjunkturellen Entwicklung zu bekommen, denn daraus kann abgeleitet werden, wie sich die Einnahmen des Staates entwickeln werden (und auch ein Teil der Ausgabenseite – man denke hier an steigende Ausgaben der Arbeitslosenversicherung, wenn es aufgrund einer schlechten konjunkturellen Entwicklung zu einem Anstieg der Zahl der Arbeitslosen kommt, die dann die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen – und das dann auch noch in Verbindung mit rückläufigen Einnahmen der von der Bundesagentur für Arbeit administrierten Arbeitslosenversicherung, denn die Beiträge an diese speisen sich aus den Löhnen der Beschäftigten bis zur Beitragsbemessungsgrenze und die schrumpfen natürlich, wenn mehr Menschen ihre Beschäftigung verlieren).2
➔ Die Staatsfinanzierung in Deutschland ruht auf zwei großen Säulen: Zum einen die Steuern, zum anderen die Beiträge an die Sozialversicherungen. Um welche Größenordnungen es hierbei geht, verdeutlicht ein Blick auf das Jahr 2023. Die Einnahmen der Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden werden zum größten Teil über Steuern finanziert. Im Jahr 2023 lag das Gesamtsteueraufkommen bei rund 916,1 Mrd. Euro. Eine Vielzahl von Steuerarten trägt dazu bei. Dabei bringen zwei Steuerarten den größten Teil der Steuereinnahmen: Die einzelnen Varianten der Einkommensteuer (➞ direkte Steuer) haben zu 45,8 Prozent des Gesamtaufkommens beigetragen (von herausragender Bedeutung ist dabei die Lohnsteuer, der die abhängig Beschäftigten im Quellenabzugsverfahren unterliegen; sie hat einen Anteil von 26 Prozent geliefert). Die zweite Hauptquelle der Steuereinnahmen ist die Umsatzsteuer (im Wesentlichen die Mehrwertsteuer) mit einem Anteil von 32 Prozent am Gesamtsteueraufkommen. Berücksichtigt man aber auch die weiteren speziellen Verbrauchsteuern, wie vor allem die Versicherungssteuer, Tabaksteuer, Energiesteuer, dann kommen die Steuern auf den Verbrauch, die als ➞ indirekte Steuern auf die Preise übergewälzt werden, auf einen Anteil von gut 40 Prozent des Gesamtsteueraufkommens.
➔ Die Staatsfinanzierung in Deutschland ruht auf zwei großen Säulen: Zum einen die Steuern, zum anderen die Beiträge an die Sozialversicherungen. Um welche Größenordnungen es hierbei geht, verdeutlicht ein Blick auf das Jahr 2023. Die Einnahmen der Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden werden zum größten Teil über Steuern finanziert. Im Jahr 2023 lag das Gesamtsteueraufkommen bei rund 916,1 Mrd. Euro. Eine Vielzahl von Steuerarten trägt dazu bei. Dabei bringen zwei Steuerarten den größten Teil der Steuereinnahmen: Die einzelnen Varianten der Einkommensteuer (➞ direkte Steuer) haben zu 45,8 Prozent des Gesamtaufkommens beigetragen (von herausragender Bedeutung ist dabei die Lohnsteuer, der die abhängig Beschäftigten im Quellenabzugsverfahren3 unterliegen; sie hat einen Anteil von 26 Prozent geliefert). Die zweite Hauptquelle der Steuereinnahmen ist die Umsatzsteuer (im Wesentlichen die Mehrwertsteuer) mit einem Anteil von 32 Prozent am Gesamtsteueraufkommen. Berücksichtigt man aber auch die weiteren speziellen Verbrauchsteuern, wie vor allem die Versicherungssteuer, Tabaksteuer, Energiesteuer, dann kommen die Steuern auf den Verbrauch, die als ➞ indirekte Steuern auf die Preise übergewälzt werden, auf einen Anteil von gut 40 Prozent des Gesamtsteueraufkommens.

Die Steuereinnahmen (Bund, Länder und Gemeinden) im Jahr 2023 in Höhe von 916,1 Mrd. Euro wurden durch Beitragseinnahmen der Sozialversicherung in Höhe von 576,1 Mrd. Euro ergänzt bzw. haben die Staatsfinanzierung mitgetragen.

Die Konjunkturaussichten sind düster – und die erwarteten Steuereinnahmen müssen nach unten korrigiert werden
Und nun werden wir mit solchen Meldungen konfrontiert: Steuereinnahmen brechen deutlich ein: »Die neue schwarz-rote Bundesregierung muss bei der Umsetzung ihres Koalitionsvertrags bis 2029 mit 33,3 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen rechnen als noch vor wenigen Monaten angenommen. Für den gesamten Staat, also Bund, Länder und Kommunen zusammen, sagen die … Steuerschätzer nach Angaben des Finanzministeriums im gleichen Zeitraum sogar ein Minus von 81,2 Milliarden Euro voraus.«
Und dann werden Sie wieder mit einem Hinweis auf die zentrale Bedeutung des Wirtschaftswachstums konfrontiert:
„Die Ergebnisse zeigen: Wir müssen durch höheres Wirtschaftswachstum die Einnahmen stärken“, so der Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD).
Aber was hat das mit dem hier interessierenden Thema Konjunkturprognosen zu tun?
»Eine wichtige Grundlage für die Schätzung der Steuereinnahmen ist die Konjunkturprognose der Bundesregierung. Und die hat Ende April gezeigt: Die Wirtschaft tritt auf der Stelle. Zum dritten Mal in Folge kein Wachstum, das Bruttoinlandsprodukt (BiP) stagniert. Und auch im kommenden Jahr erwartet die Regierung kaum Aufschwung und nur ein geringes Wachstum von 1,0 Prozent.«
Da schauen wir doch zur Abrundung in das Original. Das Bundesfinanzministerium hat am 15. Mai 2025 diese Pressemitteilung veröffentlicht: Klingbeil: „Wir müssen durch höheres Wirtschaftswachstum die Einnahmen stärken – nur so gewinnen wir neue finanzielle Spielräume“. Ergebnisse der 168. Steuerschätzung. Dort finden Sie die genauen Zahlen.
»Auf Basis der unten aufgeführten Annahmen werden die Steuereinnahmen insgesamt für den Zeitraum der Finanzplanung niedriger ausfallen als noch in der Steuerschätzung vom Oktober 2024 prognostiziert. Die Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen entwickeln sich unter Berücksichtigung der bis Mai 2025 in Kraft getretenen Steuererleichterungen mit einem Volumen von 979,7 Mrd. Euro in diesem Jahr etwas schwächer als in der Oktober-Schätzung erwartet. Über den gesamten Schätzzeitraum bis 2029 liegen die Steuereinnahmen im Vergleich zur Schätzung im Oktober 2024 durchschnittlich jährlich um rund 16 Mrd. Euro niedriger, davon ist mit Mindereinnahmen von durchschnittlich 7 Mrd. Euro für den Bund zu rechnen.«
Auf einer Seite hat man die Abweichungen des Ergebnisses der Steuerschätzung Mai 2025 vom Ergebnis der Steuerschätzung Oktober 2024 (Beträge in Mrd. €) dargestellt.
Und hier taucht sie wieder auf, die Bedeutung der Konjunkturprognosen:
»Der Steuerschätzung lagen die gesamtwirtschaftlichen Eckwerte der Frühjahrsprojektion 2025 der Bundesregierung zugrunde … Die deutsche Wirtschaft befindet sich aktuell weiterhin in schwierigem Fahrwasser. Neben bereits bestehenden konjunkturellen und strukturellen Belastungen haben die internationalen Handelskonflikte und die US-Zollpolitik die wirtschaftspolitische Unsicherheit weltweit erheblich erhöht. Die damit verbundene Abschwächung der Weltwirtschaft trifft auch die deutschen Unternehmen. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte daher laut Frühjahrsprojektion der Bundesregierung in diesem Jahr in realer Rechnung stagnieren (+0,0 %). 2026 wird wieder mit einem preisbereinigten Zuwachs der Wirtschaftsleistung gerechnet (+1,0 %). Diese Steigerung wird unter anderem durch die Impulse aus dem Sondervermögen Infrastruktur erwartet.
Bezüglich der für die Steuereinnahmen relevanten gesamtwirtschaftlichen Bemessungsgrundlagen zeigt die Projektion folgendes Bild: Für die Bruttolöhne und -gehälter, die vor allem für die Lohnsteuer relevant sind, wird unter anderem angesichts der vereinbarten tariflichen Lohnsteigerungen mit Zuwächsen in diesem und im kommenden Jahr gerechnet. Die erwartete Entwicklung fällt dabei allerdings schwächer aus als in der Steuerschätzung im Herbst unterstellt. Dies geht auf die verzögerte wirtschaftliche Erholung zurück, was für eine schlechtere Arbeitsmarktlage sorgt.
Die Unternehmens- und Vermögenseinkommen, relevant für die Entwicklung der gewinnabhängigen Steuern, dürften in diesem Jahr zurückgehen und erst im nächsten Jahr wieder zulegen. Auch hier ist gegenüber der Herbstschätzung mit einer schwächeren Dynamik zu rechnen. Für die Steuern vom Umsatz ist insbesondere die Entwicklung der privaten Konsumausgaben relevant. Diese dürfte in diesem und im kommenden Jahr zulegen, allerdings weniger stark als im Herbst unterstellt. Vor allem durch das Sondervermögen Infrastruktur und die Bereichsausnahme bei der Schuldenbremse ist jedoch mit höheren staatlichen Ausgaben unter anderem für Investitionen zu rechnen.«
Fußnoten:
- Die Sozialversicherungen werden auch als Parafiskus bezeichnet. Die Sozialversicherungshaushalte sind eigenständige, sog. parafiskalische Haushalte, die nicht zum Bundeshaushalt gehören. Die Verwaltung dieser Haushalte erfolgt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben durch die gewählte Selbstverwaltung der Sozialversicherungsinstitutionen, die als öffentliche Körperschaften der Aufsicht der Länder bzw. dem Bund unterstehen.
↩︎ - Das Beispiel Arbeitslosenversicherung kann in Umrissen erkennbar werden lassen, über welche Größenordnungen wir hier sprechen: Im Jahr 2024 hat die Bundesagentur für Arbeit 45,2 Mrd. Euro an Ausgaben geleistet (der größte Teil entfällt dabei auf das Arbeitslosengeld). Dem stehen Gesamteinnahmen von 44,6 Mrd. Euro gegenüber (so dass die BA das Haushaltsjahr 2024 mit einem Defizit von 600 Mio. Euro abgeschlossen hat). Die Einnahmen der Bundesagentur für Arbeit (BA) werden im Wesentlichen durch die Beiträge an die Arbeitslosenversicherung bestimmt. Im Jahr 2024 waren dies 38,1 Mrd. Euro. Aus den lohnbezogenen Beitragseinnahmen stammen also 85 Prozent der Gesamteinnahmen der Bundesagentur für Arbeit.
↩︎ - Erhebungsverfahren, wonach die Erhebung der Steuern am Orte und zur Zeit des Entstehens der steuerpflichtigen Vergütung (an der „Quelle“) erfolgt; angewendet z.B. bei der Gehaltszahlung (Lohnsteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag) und der Auszahlung von Dividenden und Zinsen (Kapitalertragsteuer, Zinsabschlagsteuer). Die Besteuerung von Kapitalerträgen erfolgt seit 2009 durch ein Quellenabzugsverfahren. Kapitalerträge werden dabei einmalig (daher abgeltend) mit 25 Prozent besteuert. Die Erhebung erfolgt dabei unabhängig vom persönlichen Einkommensteuersatz des Steuerpflichtigen. ↩︎