Donald Trump, der Handelskrieg mit China – und wieder diese „Seltenen Erden“. Die stehen auch im Mittelpunkt einer (vorläufigen?) Einigung zwischen den USA und China

Es sollte deutlich geworden sein, welche grundsätzliche Bedeutung die sogenannten „Seltenen Erden“ in der modernen Weltwirtschaft haben. Kleine Mengen, sehr große (Aus)Wirkungen. Und in der aktuellen Situation, die durch eine bislang nie gesehene Eskalation der Strafzölle seitens der USA gegen China (und darauf folgend entsprechende Gegenzölle der Chinesen) gekennzeichnet ist, was zu schweren Verwerfungen in der Weltwirtschaft und an den Finanzmärkten geführt hat. In diesem eskalierenden Konflikt haben die Chinesen ihre im wahrsten Sinne des Wortes durchschlagende Waffe eingesetzt – ihre monopolistische Stellung bei den meisten Seltenen Erden China (produziert rund 60 Prozent aller seltenen Erden und verarbeitet 90 Prozent). Durch Exportbeschränkungen haben sich Kernbereiche der modernen Industrie an den Rand des Produktionsstillstandes geführt. Hintergrund ist der „Zollkrieg“ der letzten Monate:

Mitte Mai 2025 haben sich dann in Genf Delegationen der USA und China getroffen, um den bis dahin völlig aus dem Ruder gelaufenen Handelskrieg zwischen den beiden weltwirtschaftlichen Supermächten wieder einzufangen – ein Ergebnis der damaligen Verhandlungen am schönen Genfer See war das, was Sie in der Abbildung ganz rechts am Verlauf der roten und der blauen Linie sehen können: In Genf verständigten sich beide Seiten darauf, ihre Zölle vorübergehend für 90 Tage deutlich zu senken.

Und wenige Wochen später gab es eine weitere, zweitägige Verhandlungsrunde, diesmal in London. Und da tauchen Sie dann neben den Zöllen explizit auf, die „Seltenen Erden“: Trump verkündet Einigung mit China bei Seltenen Erden, so ist eine der Meldungen vom 11. Juni 2025 überschrieben: »Im Zollkonflikt zwischen den USA und China hat es laut US-Präsident Trump einen Durchbruch gegeben. Im Fokus stehen dabei Seltene Erden und eine engere Zusammenarbeit.«

Was ist der Kern des Verhandlungsergebnisses von London?

»China habe bei den zweitägigen Verhandlungen in London zugesagt, „Magneten und jegliche notwendigen Seltenen Erden“ zu liefern, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social. Die USA hätten sich im Gegenzug unter anderem bereit erklärt, chinesische Studierende nicht von US-Universitäten auszuschließen. Der US-Präsident und Chinas Staatschef Xi Jinping müssen dem Kompromiss noch final zustimmen. Zuvor hatten die Unterhändler beider Länder von einer Grundsatzeinigung im Handels- und Zollkonflikt gesprochen, ohne nähere Details zu nennen.«

Wieso der Hinweis auf Studierende? Im akademischen Jahr 2023/2024 studierten rund 277.000 Chinesen in den USA. Damit sind chinesische Studierende die zweitgrößte Gruppe internationaler Studierender an US-Hochschulen. Auf Platz 1 liegen die Studierenden aus China. Trump hatte gedroht, chinesische Studenten ausweisen zu wollen. Das soll nun nicht passieren.

»Zum eigentlichen Streitfall, den Sonderzöllen der USA, gab es nach US-Darstellung auch eine Annäherung. Ein US-Regierungsvertreter sagte, die Einigung erlaube es den USA, künftig einen Zoll von 55 Prozent auf Importe aus China zu erheben. China werde seinerseits zehn Prozent auf Einfuhren aus den USA in Rechnung stellen.«

Wenn das so kommen sollte, die Betonung liegt auf „wenn“, dann müssten Sie die blaue Linie am aktuellen Rand der Zeitreihe von derzeit 33 auf die angesprochenen 10 Prozent nach unten verlängern.

Warum dieser Fokus auf „Seltene Erden“?

»Dass sich die Verhandlungen vor allem auf das Thema Seltene Erden fokussierte, ist kein Zufall. China dominiert den Weltmarkt für Seltene Erden. Diese sind für die Herstellung vieler Produkte wie Elektromotoren und Sensoren in der Automobil-, Elektro- oder Rüstungsindustrie wichtig. Anfang April hatte China sieben Seltene Erden und daraus gefertigte Magnete mit Ausfuhrkontrollen belegt. Die Folge war, dass sich Unternehmen den Export mit aufwendigen Anträgen genehmigen lassen mussten. China wiederum ist bei Hightech-Produkten wie bestimmter Ausrüstung für Flugzeuge oder Chip-Design-Software vom Ausland abhängig. Den Export dieser Produkte hatten wiederum die USA eingeschränkt.«

Exkurs: Auch die Rüstungsindustrie und damit der Kern des militärisch-industriellen Komplexes in den USA braucht diese Seltene Erden. Unbedingt

Es ist ja schon herausgearbeitet worden, welche enorme Bedeutung diese kleinen Mengen an „Seltenen Erden“ haben – für die Hersteller von Autos, von Windkraftanlagen, von Elektronik. Und für den Bau von Kampfflugzeugen.

➔ Nehmen wir als ein Beispiel den US-amerikanischen F-35-Kampfjet. Der F-35 ist ein Mehrzweckkampfflugzeug der fünften Generation, das von Lockheed Martin entwickelt wurde. Es ist als Tarnkappenflugzeug konzipiert und wird in drei Hauptvarianten hergestellt. Die F-35 ist für verschiedene Aufgaben geeignet, darunter Luftüberlegenheit, Luftnahunterstützung, strategische Bombardierung und elektronische Kriegsführung. Hört sich nach einer wirklich bedeutsamen Waffe im todbringenden Arsenal der modernen Kriegsführung an. Und was hat das mit unserem Thema „Seltene Erden“ zu tun? Das hier:
Der F-35 Kampfjet benötigt eine erhebliche Menge an Seltenen Erden, etwa 400 Kilogramm pro Flugzeug. Diese Elemente sind entscheidend für die Herstellung von Hochleistungsmagneten, die in verschiedenen Systemen des Flugzeugs, wie den Radarsystemen, eingesetzt werden.
Die Abhängigkeit von China bei diesen Rohstoffen stellt ein strategisches Problem für die USA und andere westliche Länder dar. nett formuliert. Man kann es auch so ausdrücken: Sollte ein Lieferstopp eskalieren, dann könnte China nicht nur die Bänder der deutschen Automobilindustrie in sehr kurzer Zeit stillstehen lassen, sondern auch die Produktion der Rüstungsgüter. Im Westen.

Und selbst wenn der „Deal“ halten sollte – was ist mit Europa, Deutschland und den anderen Ländern?

Man achte darauf, dass die angebliche Einigung zwischen den beiden größten Volkswirtschaften erst einmal nur die Beziehungen zwischen den USA und China betreffend und damit auch die (angebliche) Zusage, die Lieferungen an Seltenen Erden wieder aufzunehmen. Die europäischen und damit auch die deutschen Unternehmen können nur hoffen, dass sie wie in der Vergangenheit im Windschatten der Großen auch mitgenommen werden.

➔ »In der Debatte rund um seltene Erden und die kritischen Ausfuhrbeschränkungen aus China kommt nun offenbar Spionage ins Spiel.« Diese Behauptung kann man diesem Beitrag entnehmen: China dominiert die Welt: Seltene Erden als Druckmittel eingesetzt. Was ist damit nun gemeint? »Westliche Unternehmen geben an, dass China sensible Geschäftsinformationen verlangt, wenn Unternehmen sich seltene Erden und Magnete aus China sichern wollen. Es besteht wachsende Sorge über den Missbrauch dieser Informationen. Laut der Financial Times hat das chinesische Handelsministerium Details über Produktionsprozesse und eigentlich geheime Kundenlisten in einen Prozess eingebunden, den Unternehmen durchlaufen müssen, um das Go für die Ausfuhr chinesischer kritischer Rohstoffe und Magnete zu erhalten.«

Eine kritische Einordnung

»Keine Lagerbestände, keine Bergwerke, keine echte Strategie. Bei schweren Seltenen Erden agieren Deutschlands Industrie und Politik zu wenig vorausschauend«, behauptet Thomas Stölzel in seinem Kommentar Kollektives Versagen, kollektive Folgen, der am 12. Juni 2025 veröffentlicht wurde. Zuerst die (zumindest kurzfristig) positive Botschaft: »Auch wenn viele Details zur Einigung zwischen den USA und China bei schweren Seltenen Erden noch nicht bekannt sind, spricht gerade einiges dafür, dass sich die Lage auch für Deutschlands Industrie in den nächsten Wochen etwas entspannen könnte.« Doch, so Stölzel, das sei wenn überhaupt dann nur für einen Moment.

»Doch selbst wenn die Ausfuhren dieser Rohstoffe aus China jetzt wieder anlaufen sollten, muss es für die deutsche Industrie die finale Warnung gewesen sein. Sie muss ihr Rohstoffproblem – besonders bei schweren Seltenen Erden – endlich in den Griff bekommen.«

Wieso endlich?

»Es kann nicht sein, dass Rohstoffhändler und die Rohstoffagentur des Bundes die deutschen Konzerne seit mehr als zehn Jahren ermahnen, sich Reserven aufzubauen. Und dann, nachdem China Anfang April Exportkontrollen für Dysprosium, Terbium, Yttrium & Co. verhängt hat, stellen die Konzerne fest, dass ihre Lagerbestände nur für einen oder anderthalb Monate reichen. Das ist auch unverantwortlich gegenüber den eigenen Aktionären.«

»Es kann nicht sein, dass Vorstände die langfristige Arbeitsfähigkeit von Unternehmen kurzfristigen Gewinnzielen opfern. Seltene Erden stecken heute etwa in der Autoindustrie überall – in der Servolenkung, in Fensterhebern, in elektrisch verstellbaren Sitzen und natürlich in den Antrieben von E-Fahrzeugen.«

Könnte man denn wirklich anders?

»Der koreanische Autohersteller Hyundai macht vor, dass eine Vorsorge hier möglich ist. Er verfügt über einen Jahresvorrat dieser kritischen Rohstoffe.«

Und nicht nur die Unternehmen bekommen ihre Fett weg:

»Es kann nicht sein, dass die Bundesregierungen der vergangenen Jahre keine ausreichende Vorkehrung getroffen haben, um langfristig sicherzustellen, dass Deutschlands Industrie die Seltenen Erden nicht ausgehen. Vor allem, weil neben der Autoindustrie und den Maschinenbauern auch die Rüstungsindustrie aus heutiger Sicht nicht ohne solche Rohstoffe auskommen kann. So spielt etwa Yttrium eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, die Außenhaut von Kampfjets und Lenkflugkörpern stabil und hitzebeständig zu machen.«

»Dem Staat muss seit Jahren klar gewesen sein, dass er es nicht der Privatwirtschaft allein überlassen konnte, außerhalb von China und Myanmar Bergwerke für schwere Seltene Erden aufzubauen. Denn in den zwei Ländern lagern die Rohstoffe im Lehmboden, direkt unter der Oberfläche. Dort lässt sich das Material billigst abbauen, indem man eine sonst als Düngemittel verwendete Flüssigkeit in den Boden leitet und wieder abpumpt. Anderswo müssen die schweren Seltenen Erden aus felsigem Gestein gesprengt und gelöst werden, was sehr viel teurer ist.«

Und wieder sind wir angekommen bei den Grundlagen von Angebot und Nachfrage, die sich hier wie im Lehrbuch besichtigen lassen (achten Sie vor allem mal auf die differenzierte Reaktion Chinas, die am Ende des Zitats beschrieben wird):

»Hier muss die Regierung mittels Anreizen jene wahrscheinlich unrentablen Bergwerke im Westen zumindest so wirtschaftlich und skalierbar machen, dass sie im Notfall schnell einspringen können. Die USA hatten das erkannt und immerhin bei leichten Seltenen Erden (Neodym) in Kalifornien den Tagebau Mountain Pass wiederbelebt, obwohl auch hier China billiger war und diesen Jahre zuvor aus dem Markt gedrängt hatte. Dass das am Ende hilft, zeigt zurzeit die Tatsache, dass China Neodym nicht unter die Exportkontrollen gesetzt hat – mutmaßlich auch, um Mountain Pass keinen Schub zu geben.«

Es geht nicht nur um die Produktions-, also in diesem Fall Förderstufe, sondern auch die Verarbeitung muss in den Blick genommen werden, fordert Stölzel:

»Und dann ist da die Veredelung der Materialien. Europa und Deutschland haben zugelassen, dass diese Prozesse vollständig nach China abgewandert sind und dass einst hier vorhandenes Know-how verloren ging. Das muss rückgängig gemacht werden. Deutschland und Europa brauchen eigene Verarbeitungen.«

In seinem Fazit finden Sie zahlreiche Aspekte, die wir bereits in den zurückliegenden Wochen angesprochen haben:

»Ja, eine globale arbeitsteilige Wirtschaft ist der Idealzustand, den jeder Marktwirtschaftler anstrebt. Doch seit mindestens zehn Jahren haben sich auch dessen Risiken immer klarer gezeigt. Und natürlich sind viele der jetzt notwendigen Maßnahmen nicht einfach umzusetzen und kosten Geld. Doch ohne bestimmte Seltene Erden droht hier nicht nur der Kollaps ganzer Industrien. Es wäre auch ein Sicherheitsrisiko, das sich Deutschland und Europa heutzutage nicht leisten können.«