Die positiven externen Effekte der Landwirtschaft

Sie haben gelernt, welche bedeutsame Rolle die negativen externen Effekte beim Themenfeld Marktversagen und auch als konzeptioneller Kern der Umweltökonomik spielen.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass es auch positive externe Effekte gibt. Erläutert wurde dies am Beispiel der Kindertagesbetreuung.

Hier nun ein weiterer wichtiger Teil der Volkswirtschaft: die Landwirtschaft.

Den Abgeordneten im Deutschen Bundestag steht ein Wissenschaftlicher Dienst zur Verfügung, an den sie Fragen stellen können. Und eine solche Frage bezog sich darauf, ob und welche positiven externen Effekte der Landwirtschaft bekannt und eventuell sogar quantifiziert werden. Herausgekommen ist diese Antwort:

➔ Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (2023): Positive externe Effekte der Landwirtschaft, Berlin, 09.08.2023

Leistungen der Landwirtschaft, die „nicht im Rahmen von vertraglichen Beziehungen entgolten werden“, aber einen Nutzen z. B. für die Gesellschaft erbringen, werden in der ökonomischen Theorie als positive externe Effekte bezeichnet. Dazu gehören z. B. ein bienenfreundliches Blütenangebot, Humusbildung oder Nisthabitate für Vögel. Es handelt sich dabei um gesellschaftlich erwünschte Leistungen, die nicht über den Markt entlohnt werden.

Daneben können aber auch negative externe Effekte (Kosten) durch die landwirtschaftliche Produktion entstehen, z. B. durch Nitratauswaschung ins Grundwasser oder Abdrift von Pflanzenschutzmitteln.

Nachfolgend eine Liste positiver externer Effekte einer multifunktionalen Landwirtschaft, die – wie die Autoren betonen − keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Sie weisen auch darauf hin, dass es an einer hinreichend präzisen und allgemein akzeptierten Abgrenzung fehlt, was genau unter gesellschaftlich erwünschten, nicht marktgängigen Leistungen zu verstehen ist:

Abiotischer Ressourcenschutz: Verbesserte Grundwasserneubildung bei bestimmten Nutzungsformen; Beitrag zum Klimaschutz und zur Luftreinigung durch Senkung der Ammoniakemissionen und klimarelevanter Gase; Boden- und Erosionsschutz;

Biotischer Ressourcenschutz: Erhalt seltener Pflanzen und Tiere; Erhaltung von Biotoptypen; Artenvielfalt; Erhalt von Lebensräumen;

Erholungs- und Erlebnisleistungen: Offenhaltung und Nutzung der Landschaft für Naturliebhaber, Spaziergänger und Erholungssuchende sowie Touristen; Bewirtschaftung kleiner und/oder ertragsschwacher Schläge; Erschließung der Landschaft durch Wege; Betretungsrecht für Felder, Wiesen, Wälder und Zugang zu Fließgewässer und Seen; Sport- und Freizeitangebote (Spazierengehen, Radfahren, Wandern, Skifahren, Drachenfliegen, etc.);

Kreislauf- und Recyclingfunktion: Verwertung organischer Abfälle; Regenerationsfunktion für künftige Bedürfnisse;

Kulturleistungen: Pflege und Erhalt der Kulturlandschaft, einer standortgemäßen Landwirtschaft; Erhalt typischer landschaftlicher Eigenheiten; Erhalt eines bestimmten Landschaftsbildes; Kleinräumige Bewirtschaftung von Standorten; Verhinderung von Verbuschung; Erhalt einer Mindestbevölkerung; Voraussetzung für Tourismus; Voraussetzungen für Heimatverbundenheit;

Leistungen für den Wirtschaftsstandort: Attraktiver Standort für Industrieansiedlung und Tourismusentwicklung; Infrastrukturfunktion;

Leistungen zur Erfüllung gesamtgesellschaftlicher Ansprüche: Einforderung erhöhter Produktionsstandards mit möglichen Wettbewerbsnachteilen, bspw. […], artgemäße Tierhaltung und Tiertransporte; eingeschränkter Anbau von Ackerkulturen in benachteiligten Gebieten; Nichtanwendung zugelassener Pflanzenschutzmittel; […], Unterschreiten von Nitratwertvorgaben; Begrünung durch Zwischenfruchtanbau; eingeschränkte Bewirtschaftung in Wasserschutzgebieten; Verlagerung der Tierhaltung außerhalb des Dorfkerns; Steigerung des Anteils ökologisch wirtschaftender Betriebe; Schaffung eines Biotopverbundnetzes; Feld- und Flurpflege; Qualifikation im Umweltmanagement bei Landwirten;

Schutzleistungen (im weiteren Sinn): Lärmschutz; Küstenschutz; Lawinenschutz; Erdrutschschutz; Hochwasserschutz;

Soziale Leistungen: Heimat- und Brauchtumspflege; Erhalt landschaftstypischer Architektur
und baulicher Substanz; Beitrag zum sozialen Leben auf dem Lande; Einbringung bei Dorffesten; gesellschaftliches Engagement in Politik und Vereinen; Erhalt bestimmter Wertorientierungen; Anbieter von touristischen Leistungen; Beitrag zum Erhalt einer Dorfromantik; Kultur- und Fremdenführer; Erlebniswelt für Kinder;

Versorgungssicherheit: Sicherung eines Selbstversorgungsgrades an vielfältigen Lebensmitteln; Beitrag in nationalen und internationalen Ernährungskrisensituationen; Anbieter traditioneller Lebensmittel und regionaler Spezialitäten; Raum für Sammeln von Blumen, Kräutern und Erhaltung seltener Wiesen; Energielieferant durch nachwachsende Rohstoffe; Standort für sanfte Energien (Wind, Solar); Bereitstellung von (ökologischen) Ausgleichsflächen; Beitrag zur Einsparung fossiler Brennstoffe.

Zur Problematik der Quantifizierung positiver externer Effekte

Nach Angaben der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina et al. (2020) sind die externen Effekte der Landwirtschaft unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass sie diffus und damit schwer messbar sind.

Beispiel Quantifizierung der Bestäubungsleistung (geschätzt):
Mittlerweile gebe es jedoch zahlreiche wissenschaftliche Studien, die den externen Nutzen der Erhaltung von Bestäuberarten abschätzen. In diesem Zusammenhang wird die Studie von Gallai et al. (2009) zitiert, die den globalen ökonomischen Gesamtwert der Bestäubung auf 153 Milliarden Euro beziffert. Eine Metaanalyse von 53 Studien schätzt den Wert der Bestäubung auf 3.250 US-Dollar pro Hektar. Laut Niggli et al. (2009) wird der ökonomische Wert der Bestäubung weltweit auf 30 bis 60 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.