Warum das Statistische Bundesamt das Wirtschaftswachstum, besser: die Schrumpfung des BIP für die Jahre 2023 und 2024 nachträglich nach unten korrigieren musste

Im Februar 2025 hat das Statistische Bundesamt die Publikation „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen. Wichtige Zusammenhänge im Überblick 2024“ veröffentlicht. Ich habe Ihnen das im Materialordner eingestellt. Und wenn Sie da rein geschaut haben, dann finden Sie auf der Seite 10 diese Abbildung mit den Zahlen zum langfristigen Wirtschaftswachstum in Deutschland.

Für die beiden vergangenen Jahre 2023 und 2024 sehen Sie dort zwei negative Prozentwerte -0,3 Prozent für 2023 und -0,2 Prozent für 2024). Das ist schon schlimm genug, zwei Jahre hintereinander kein Wachstum. Aber tatsächlich war es noch schlimmer. Im Sommer 2025 meldete das Statistische Bundesamt neue prozentuale Veränderungsrate das BIP betreffend. 

Der Einbruch der am BIP gemessenen volkswirtschaftlichen Wertschöpfung war 2023 drei Mal und 2024 zweieinhalb Mal so groß wir bislang ausgewiesen.

Das sind natürlich erhebliche Korrekturen, die zugleich verdeutlichen, dass wir zwei lange Rezessionsjahre hinter uns haben und nicht nur eine Stagnation. Der Vollständigkeit halber sei hier aber auch darauf hingewiesen, dass die nachträgliche Korrektur für die Jahre 2021 und 2022 höhere Wachstumswerte zu Tage gefördert haben.

Aber wie kann das sein, dass die Bundesstatistiker derart wichtige Zahlen wie die Veränderungen des BIP so deutlich korrigieren müssen? 

Die Zahlenschieber in Wiesbaden, da sitzt das Statistische Bundesamt, können froh sein, dass sie nicht in anderen, früher zivilisierten Ländern wie den USA leben, denn da hätte das auch so ausgehen können: »Der Job eines Statistikers kann heutzutage schnell zum Schleudersitz werden – insbesondere, wenn nüchterne Zahlen auf politische Interessen treffen. Anfang August entließ Donald Trump medienwirksam die Chefin des US-Arbeitsmarktstatistikamtes. Der Grund: Die Behörde meldete ein geringes Beschäftigungswachstum im Juli und korrigierte darüber hinaus die starken Stellenzuwächse der Vormonate auf fast null herab. Für den US-Präsidenten waren das schlechte Nachrichten, versprach er doch mit seinem Amtsantritt, tausende neue Stellen in den USA zu schaffen.« So beginnt der Beitrag BIP-Korrektur: Deutschlands Konjunktur im neuen Licht, der am 1. September 2025 vom Bankhaus Metzler veröffentlicht wurde. 

Die schauen dann nach dieser Einstimmung auf die hier aufgerufene Frage nach den möglichen Ursachen für die Datenkorrektur in Deutschland. Lesen wir also bei denen weiter:

»Zwar werden die Daten jedes Jahr im Sommer auf Grundlage neuer Informationen angepasst, doch diesmal war die Korrektur außergewöhnlich groß: Statt Stagnation zeigt die Statistik nun eine klare Rezession in den Jahren 2023 bis 2024.« Eben, das muss erklärt werden.

»Statt nur minimaler Rückgänge des BIP weist die überarbeitete Statistik nun einen Einbruch von insgesamt 1,2 % in den Jahren 2023 / 2024 aus – ein im historischen Vergleich beachtlicher Wert. Seit 1991 gab es nur drei größere Rückgänge: die Wiedervereinigungskrise (1993), die globale Finanzkrise (2009) sowie die Covid-Pandemie (2020).«

Jetzt aber auf zur Suche nach den Ursachen für diese deutliche Revision der Zahlen:

»Das BIP ist eine zentrale Kennzahl zur Messung der gesamten Wirtschaftsleistung eines Landes. Sie beruht jedoch auf Schätzungen, da eine umfassende Datenerhebung kurzfristig nicht möglich ist. Ein vollständiges Bild entsteht demzufolge erst Jahre nach der ersten Veröffentlichung, sobald alle relevanten Informationen zur Verfügung stehen. So sind etwa die finalen Umsatzsteuerdaten eine wichtige Informationsquelle. Grundsätzlich müssen die Statistiker bei Veröffentlichungen immer zwischen Aktualität und Genauigkeit abwägen.«

»Die jüngste „Sommerüberarbeitung“ integrierte eine Vielzahl neuer Informationen, die sowohl die Aktivität einzelner Wirtschaftszweige als auch die Bereinigung von Preisentwicklungen betreffen.« Was wollen die uns oder Ihnen sagen?

»Erstmals konnten nun detaillierte Unternehmensdaten für das Basisjahr 2023 berücksichtigt werden. Besonders relevant waren die ausführlichen Meldungen zu Umsätzen, Investitionen und Kosten von deutschen Unternehmen sowie Angaben zur Geschäftstätigkeit multinationaler Unternehmensgruppen. Darüber hinaus war es erst jetzt möglich, eine differenzierte Preisbereinigung von Vor- und Endprodukten vorzunehmen. Zusätzlich reagierten die Unternehmen auf die Energiekrise mit Anpassungen von Produktionsprozessen, In- und Outsourcing oder geänderten Geschäftsmodellen. Die Dynamik von derart drastischen Umbrüchen ist für Statistiker in Echtzeit nur schwer zu erfassen. Die umfassende Revision ist demnach primär ein Resultat der erhöhten wirtschaftlichen Unsicherheit der vergangenen Jahre, ausgelöst durch den energiepreisbedingten Schock infolge des russischen Angriffskriegs. Politische Einflussnahme spielte dabei keine Rolle.«

Das kann man jetzt schon besser verstehen.

Wer sich ganz schlau machen will und genaue Hintergründe erfahren möchte, der liegt nicht falsch mit der Annahme, dass die Bundesstatistiker das doch bestimmt selbst genau erläutert haben. Diese ausführliche Erläuterungen können Sie bei Interesse hier einsehen:

➔ Statistisches Bundesamt (2025): Sommerüberarbeitung 2025 der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen – Revisionen und Hintergründe