Monopole auf beiden Seiten des Marktes: Vom Monopson zu den ganz großen Angebotsmonopolen in China

Ich hatte Ihnen bei der Erläuterungen der Marktformen einiges zu der für Unternehmen besonders problematischen Marktform des Monopsons ausgeführt. Hier stehen von der Marktstärke her gesehen viele kleine Anbieter einem großen Nachfrager gegenüber. Das spielt nicht nur in vielen Bereichen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft eine Rolle, am Beispiel der Beziehungen zwischen den Big Four des Lebensmitteleinzelhandels und den mehreren tausend lebensmittelproduzierenden Unternehmen habe ich Ihnen erläutert, wie die Asymmetrie zwischen dem marktstarken Nachfrager und den marktschwachen Anbietern zuungunsten der Lieferanten ausgenutzt werden, in dem mit diesen gar keine Preisverhandlungen geführt werden, sondern der eine große Abnehmer setzt den Lieferanten die Pistole auf die Brust und diktiert Preise und sonstige Lieferkonditionen.

Dazu aus dem April 2022 der Beitrag Wie die Lebensmittelpreise entstehen: „Grundsätzlich entstehen die Preise im Rahmen der sogenannten Jahresgespräche, also der einmal jährlich stattfindenden Konditionsverhandlungen zwischen den Händlern und Herstellern“, sagt Thomas Roeb, Professor für Marketing und Handelsbetriebslehre an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Dabei gehe es nicht nur um den Preis, sondern auch um Liefermengen, Werbeaktionen oder die Logistik.

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Die Typologie der Marktformen und immer wieder die „Big Four“ – nicht nur im Lebensmitteleinzelhandel

Wir haben uns in der Vorlesung mit dem so überaus wichtigen Thema der Marktformen beschäftigt. Die in Ihren Unterlagen vorhandene Übersichtsdarstellung mit der 9- Felder-Matrix sollten Sie sich wirklich gut einprägen. Die einzelnen Marktformen spielen auch in vielen anderen Bereichen Ihres Studiums eine wichtige Rolle. Auch hier wurden wir erneut konfrontiert mit der Erkenntnis, dass das Ideal- und Referenzmodell der Lehrbuch-Ökonomie, also das Polypol, so gut wie nie gegeben ist. Die meisten Unternehmen bewegen sich in der Marktform des Oligopols, bzw. ganz korrekt formuliert im Angebotsoligopol. Wir haben für diese Marktform später auch die sehr unterschiedlichen Verhaltensweisen der Anbieter – von hartem, oligopolistischen Wettbewerb bis hin zu abgestimmten Verhalten und Kartellbildung – bereits angesprochen. In der bisherigen Veranstaltung wurde von mir beispielhaft auf die Bedeutung und die Marktmacht der „Big Four“ im Lebensmitteleinzelhandel hingewiesen.

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Nichts ist vollkommen, vor allem nicht die Märkte. Und wenn es mal eine Annäherung an die Modellwelt gibt, wird sie zerstört durch Marktmanipulationen

Es ist schon ein Kreuz mit den Ökonomen – da schlägt man eines der vielen Lehrbücher zur Volkswirtschaftslehre auf und mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 90 Prozent wird einem beim Thema Märkte die schöne Welt der vollkommenen Märkte als Bezugsmodell für viele weiterführende Ableitungen präsentiert. Natürlich findet man in jedem halbwegs anständigen Lehrbuch dann auch den Hinweis, dass es in der wirklichen Wirklichkeit mit der Vollkommenheit der Märkte nicht so weit her ist, aber für die Modellbildung ist so ein vollkommener Markt eine feine Sache.

Ich habe Ihnen die Anforderungen skizziert, die erfüllt sein müssen, damit man von einem „vollkommenen Markt“ sprechen kann und darf. Es ist mehr als offensichtlich geworden, dass die nun wirklich nicht erfüllbar sind und selbst eine Annäherung an diese Voraussetzungen findet man in der Realität wenn, dann in einer molekularen Größenordnung. Es wurde darauf hingewiesen, dass – wenn überhaupt – die Börse eine gewisse Annäherung an die Anforderungen liefern kann. Das Argument taucht auch an anderen Orten immer wieder als Beispiel für das Ideal eines vollkommenen Marktes auf, beispielsweise in so einer Form: »Als Beispiel für einen annähernd vollkommener Markt kann die Wertpapierbörse angeführt werden. Der einzelne Händler hat keinen Einfluss auf die Börsenkurse. Er kann nur entscheiden, ob er bei einem bestimmten Kurs Wertpapiere kaufen oder verkaufen will. Er ist ein Mengenanpasser. Es ist ihm auch egal, von wem er kauft, bzw. an wen er verkauft. Er hat keine ausserökonomischen Präferenzen. Wertpapiere werden nur der Gattung nach bestimmt. Es ist dem Händler egal, welche Stücke er hergeben muss, bzw. welche Stücke er bekommt. Alle Wertschriften einer bestimmten Gattung sind homogen. Es gibt für den Händler keine Exemplare, die besser oder schlechter wären.«

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Von den Besonderheiten des Arbeitsmarktes und den Unvollkommenheiten eines an sich vollkommenen Marktes

Ich hatte Ihnen in der Vorlesung erläutert, dass der Arbeitsmarkt im Vergleich zu vielen anderen Märkten etwas ganz besonderes ist – nicht nur hinsichtlich der Tatsache, dass hier die Angebotsseite mal nicht die Unternehmen sind, die etwas anbieten, sondern die (tatsächlichen oder potenziellen) Arbeitskräfte bieten ihre Arbeitskraft (nicht) an und die Unternehmen sind die Arbeitsnachfrager. Hinzu kommt, dass das normale Modell der Angebots-Nachfrage-Kurven auf dem Arbeitsmarkt mindestens für das Arbeitsangebot nicht gilt bzw. gelten kann, wie wir besprochen haben.

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Wie angedroht: China, immer wieder China

In meinem letzten Beitrag zu den aktuellen Entwicklungen im Kontext der angekündigten Fördermengenkürzungen seitens des Kartells der erdölexportierenden Staaten (OPEC) hatte ich ganz am Ende – nach einem Hinweis auf China als einen der ganz großen Profiteure von den Sanktionen des Westens gegen Russland, da die Russen ihr Erdöl zu Billigpreisen an China und Indien absetzen müssen – ausgeführt: »China, immer wieder dieses China. Wir hatten das schon kurz in der Einführungsveranstaltung angesprochen. Es wird Ihnen immer wieder begegnen, in meiner Vorlesung, aber auch in den hoffentlich vielen Jahren, die noch vor Ihnen liegen.«

Das kommt schneller, als der eine oder andere von Ihnen denkt. Denn die Beziehungen zwischen der EU mit Deutschland als größter Volkswirtschaft und China sind – nett formuliert – kompliziert. Immer häufiger können Sie warnende Stimmen hören oder lesen, die darauf hinweisen, dass wir uns ökonomisch in eine wachsende und zunehmend einseitiger werdende Abhängigkeit von diesem riesigen Land begeben haben, die sich möglicherweise bitter rächen wird, wenn sich die Beziehungen zwischen dem Westen und China, beispielsweise bei einer Einverleibung Taiwans durch die Volksrepublik China, dramatisch verschlechtern würden. Dagegen wären die Folgen der Sanktionen gegen Russland wahrscheinlich nur eine Kleinigkeit.

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Ein aktueller Nachtrag zum Thema Rohölpreise: Die OPEC+ kürzt die Fördermengen

Da hatten wir gerade in der Einführungsveranstaltung zur VWL als ein Beispiel die Rohölpreise behandelt und dabei einen Ausflug in die Jahre 2014/15 gemacht, wo der damalige Rohölpreis innerhalb kürzester Zeit von im Schnitt 110 US-Dollar pro Barrel auf 50 und dann sogar nur noch 30 Dollar abgestürzt ist. Sie haben gelernt, dass dies zum einen die Folge einer erheblichen (und bewusst vorgenommenen) Angebotsausweitung war, mit der man der damals florierenden Fracking-Industrie in den USA den (Preis)Kampf ansagen wollte. Aber das alles kann man nur verstehen, wenn man auch die politischen Hintergründe nachvollzieht.

In diesen Tagen werden wir nun erneut mit einem bewussten Eingriff auf der Angebotsseite konfrontiert – allerdings nun in Form einer Angebotsverknappung. Was ist passiert?

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Das Rohöl und sein Preis. Was es mit diesen „Ölkrisen“ der 1970er Jahre auf sich hatte

In der Einführung zur VWL-Vorlesung hatte ich Ihnen ein Schaubild gezeigt mit der langfristigen Entwicklung des Rohölpreises (genauer: ein Rohölpreis, konkret für die Sorte Brent – Europe). Dabei waren auch kurz die Stichworte 1. (und 2.) „Ölkrise“ gefallen. Dazu einige wenige ergänzende Erläuterungen. Zuvor aber eine lange Zeitreihe (von 1960 bis 2022) mit Jahresdurchschnittswerten nicht für das europäische Rohöl, sondern für das OPEC-Rohöl:

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Was ist die VWL für eine Wissenschaft? Und warum kann man das am Ölpreis verdeutlichen?

Wir haben uns in der Einführungsveranstaltung mit einigen ausgewählten Aspekten beschäftigt, um was es in der Volkswirtschaftslehre geht und welchen Charakter die VWL als Wissenschaft hat.

Auch wenn viele Volkswirte – u.a. über eine ausgeprägte Mathematisierung – den Eindruck erwecken möchten, dass es sich um so etwas wie eine Naturwissenschaft handelt, haben wir doch am Anfang der Veranstaltung gesehen, dass es sich um eine Sozialwissenschaft handelt. Eine von unterschiedlichen sozialwissenschaftlichen Disziplinen, die alle ihre unterschiedlichen Perspektiven haben auf das, was in unseren Gesellschaften passiert. Neben der Wirtschaftswissenschaft, die dann oftmals unterteilt wird in VWL und BWL, gibt es die Soziologie, die Politikwissenschaft, die Geschichtswissenschaft, auch die Rechtswissenschaft gehört zum sozialwissenschaftlichen Fächerkanon.

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Einige ökonomische Grundbegriffe und Grundmodelle als Hintergrund für die Volkswirtschaftslehre

Sie finden im Materialordner auf der Olat-Seite zur VWL-Vorlesung nicht nur die Folien, die ich in der Einführungsveranstaltung verwendet habe (und die wir am 30.03.2023 noch abschließend behandeln werden), sondern dort ist auch eine weitere PDF-Datei eingestellt:

➔ Einige ökonomische Grundbegriffe und Grundmodelle als Hintergrund für die Volkswirtschaftslehre

Bitte laden Sie sich die PDF-Datei herunter. Lesen und bearbeiten Sie das Material eigenständig. Um was geht es dabei? Was sollten Sie mitnehmen aus der Auseinandersetzung mit der Foliensammlung? Dazu einige Stichworte.

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Der Blog zur VWL-Vorlesung von Prof. Dr. Stefan Sell

Hier finden Sie den Blog zur Vorlesung Volkswirtschaftslehre (Bachelor) im Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Hochschule Koblenz von Prof. Dr. Stefan Sell.

Die Vorlesung im Sommersemester 2023 beginnt ab dem 28. März 2023, dann werden Sie hier vorlesungsbegleitend meine Beiträge finden.

Die Teilnehmer an der VWL-Vorlesung mögen sich bitte im Olat-Kurs zu dieser Veranstaltung (B 43) eintragen, Mitteilungen und Materialien laufen über die Olat-Seite.

Das Informationsangebot zu ➞ Studien, ➞ Podcasts und ➞ Videos wird unabhängig von dem jeweiligen aktuellen Semester fortlaufend von mir aktualisiert. Schauen Sie gerne mal vorbei.

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